Virtual Reality im Tourismus und im Reisebüro: Warum Touristiker jetzt auf Hirnsurfen setzen. Und wo die Tücken der Datenbrillen liegen.
Wo waren Sie am letzten Freitagmorgen, so um die halb neun? Als im Schweizer Unterland minus sieben Grad klirrten?
Ich ging auf ein Reisli. Zuerst war ich in Sydney, dann bei den australischen Twelve-Apostles-Kalksteinfelsen. Darauf folgte ein Traumstrand in der südthailändischen Andamanensee, und zum Abschluss vertrat ich mir noch ein bisschen die Beine auf der Chinesischen Mauer.
Eine halbe Stunde später war ich wieder zurück. Wie ich da überall hinkam? Ganz einfach: Mit dem Züri-Tram 3 bis Löwenplatz.
Virtuelles Vorabeisen: das nächste grosse Ding?
Virtuelles Vorab-Reisen könnte das nächste grosse Ding werden. Daran glauben aktuell viele in der Reise-Branche. Darunter auch die Migros-Tochter Hotelplan. Im Januar 2017 bot das Unternehmen in ersten Schweizer Filialen Virtual-Reality-Brillen an.
Zu Jahresbeginn 2017 konnten sich ein paar Vorabgüxler, darunter der Internaut, in der Hotelplan-Filiale am Zürcher Löwenplatz schon mal eine der klobigen Samsung-Gear-Brillen umschnallen.
Mein Eindruck: Gegenüber früheren Virtual-Reality-Erlebnissen, die oftmals ruckelig waren und einem fast den Boden unter den Füssen wegzogen, hat die Technik Fortschritte gemacht. Man blickt nach oben, nach links und nach rechts –und wähnt sich tatsächlich als Teil der gewünschten Weltgegend.
Vor der Hotelplan-Veranstaltung liess ich mir mal von den Touristikern des Kantons Schwyz ein solches Teil umschnallen und ging auf Husky-Tour im Muotathal. Eine eindrückliche Sache, dieser virtuelle Trip. Wobei: Ich finde «Virtual Reality» als Begriff etwas technisch. Mir passt «Hirnsurfen» besser. Weil es dem Hirn etwas vorgaukelt.
Virtual Reality im Reisebüro. Damit der Umsatz steht
Die Touristik-Welt sieht Hirnsurfen aktuell durch die rosa (Daten)-Brille. Weil es den Umsatz im Reisebüro ankurbeln könnte. Kunden, die noch unentschlossen sind, könnten durch eine solche Sitzung (oder Stehung) zum impulsiven Buchungs-Entscheid gebracht werden.
Etwa, wenn sie ihre künftige Schiffskabine betreten oder sich im Superior-Hotelzimmer umschauen dürfen. Schalter-Profis können per Virtual Reality Ausflüge an der Zieldestination verkaufen, die der Passagier normalerweise erst vor Ort buchen würde.
Ist das eine Art Vorab-Kontrollwahn? Soll und will man vor einer Reise schon alles möglichst genau wissen und erfahren wollen? Der Internaut will nicht moralisieren. Die virtuelle Realität ist wohl einfach die logische Fortsetzung des bisher üblichen zweidimensionalen Internets. Statt auf einen Bildschirm zu starren, wird man selber Teil der Szenerie.
Zieht Virtual Reality die falschen Leute an im Reisebüro?
Das Konzept ist verlockend, also wird es sich fortsetzen. Zu vermuten ist, dass es jetzt noch etwa ein ein- bis zweijähriges Zeitfenster gibt, in dem Reisebüros solche Datenbrillen relativ exklusiv anbieten.
Später dann wird wohl jeder Haushalt Virtual-Reality-Geräte zu Hause haben, die möglicherweise sogar besser sind als jene, die sich ein Reisekonzern für seine Büros anschafft. Aber aktuell ist das, was Hotelplan präsentiert, in der Schweiz wirklich neu. Und verlockend.
Zu verlockend? Kann das neue Kostenlos-Angebot bedeuten, dass gewisse Leute, die grade nichts Besseres zu tun haben, einfach mal einen halben Tag lang virtuell an Stränden oder in Kreuzfahrtkabinen herumspazieren im Reisebüro? Müssen Hotelplan & Co Maximalzeiten fürs Hirnsurfen einführen und sie in ihren Etablissements siebensprachig ausschreiben?
Achtung: Hirnsurf-Überdosis
Profis glauben das nicht. Denn man muss diese Flut an Eindrücken auch aushalten können im Kopf. Spezialisten sprechen von der Virtual Reality Sickness, einer Art Hirnsurf-Überdosis. Den meisten Menschen wird es nach zehn Minuten zu viel. Bei mir war das schon nach gefühlten fünf Minuten der Fall. Es waren allerdings fünf ziemlich coole Minuten.
Wobei mir etwas einfällt, das noch cooler ist: Selber vor Ort zu sein. Mit Sonnenbrille.
Virtual Reality Brillen im Reisebüro: Nachtrag im Frühling 2019
Wie sich herausstellt, waren die VR-Brillen kein Hit für Hotelplan. Nach einem anfänglich erfolgreichen Testlauf erhöhte Hotelplan Suisse zunächst die Zahl der Reisebüros mit VR-Brillen. Doch im Frühling 2019 waren sie alle wieder weg.
Wie die Firma sagt, mangelte es an gutem Content. Die VR-Brillen würden zwar weiterhin an Messen und Events eingesetzt, nicht aber mehr in den Reisebüros.
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Zur AnmeldungDer Internaut sagt dazu zwei Dinge: a) Nice try, good bye. b) Vielleicht kam der Versuch etwas zu früh. Wenn bessere Inhalte verfügbar sein werden und gleichzeitig die Form der immersiven Datenübermittlung etwas komfortabler wird – ja dann hat Virtual Reality im Tourismus (oder wie man es dann nennen wird) möglicherweise eine zweite Chance verdient.
Und vielleicht noch c): Nur wer nichts versucht, macht keine Fehler.
Virtual Reality im Tourismus: Das Metaverse als nächster Schritt?
Ein paar Jahre nach den oben geschilderten Episoden rückte ein neues Wort weit oben auf die Hip-Liste der Techies: Das Wort vom Metaverse.
Wir dieses «begehbare Internet» das nächste grosse Ding? Darüber habe ich mich mit Tripdadvsor-Gründer Steve Kaufer, dem Gründer von Tripadvisor unterhalten. Und ihm unter anderem diese Frage gestellt: Hey Mister Tripadvisor, braucht es im Metaverse noch Bewertungen?
Danke für den letzten Satz! (genau gesehen die letzten beiden Sätze)
Wunderbar geschrieben!
Deine Schlussfolgerung bringt es auf den Punkt!
Fantastisch. Jede Woche aufs Neue!
Lieber Andreas…du bringst es auf den Punkt….im letzten Satz.
Einmal mehr…sehr lesenwert Dein Beitrag.
Gut geschrieben! Nicht voreingenommen und zugleich kritisch hinterfragt. Zu den letzten Sätzen kann ich nur sagen: Hoffentlich! Wäre eine traurige Welt, wenn alle nur noch virtuell verreisen würden.
Einfach auf den Punkt gebracht! BRAVO Andreas.