Seite wählen
Home 9 Tourismus 9 Instagram auf Reisen: So verbessert Insta meine Ferien. Und Deine

Instagram auf Reisen: So verbessert Insta meine Ferien. Und Deine

Datum

22. Juni 2018

Kategorie

Kommentare

Home 9 Tourismus 9 Instagram auf Reisen: So verbessert Insta meine Ferien. Und Deine

Instagram krempelt die Art um, wie Menschen reisen. Hier kommt ein Instant-Anfängerkurs von einem, der seit kurzem Instagram-Anfänger ist.

Der Fotodienst Instagram hat Millionen von Freunden. Und wohl auch ebenso viele Feinde. «Bildlischleuder», höhnen die einen, «Ego-Eloge» feixen die andern. Und manche gehen sogar richtig hart ins Gericht mit der Firma, die seit 2012 Facebook gehört.

«Kaputteste App der Welt» rotzte etwa die «Welt» in einem Beitrag über Instagram. Gerotzt wurde anderem deshalb, weil viele User eine überhöhte Version der eigenen Lebenswirklichkeit zeigten: Eine permanente affige Selbstdarstellung. Ein weltweites Shopping-Window für immer gleich gestylte Schaufensterpuppen.

Instagram auf Reisen: Wirklich der Untergang des Abendlandes?

Auch deshalb sei Instagram die «schädlichste, böseste und kaputteste App», denn sie «macht süchtig nach einer Lightversion des Stalkings. Und sie zerstört das Glück durch seine permanente Verbildlichung.» Hoppla!

Darf ich zusammenfassen: Gemäss der «Welt»-Brandschrift ist Instagram nichts weniger als eine grosse Bubble, in der sich eine immergleiche Clique von Pflanzenfood-Fashion-Yoga-Beauty-Gecken aufs übelste ausstellt. Dies in einer Art, die den Niedergang von Abend- und Morgenland nicht aufhalten, sondern im Gegenteil beschleunigen werde.

Instagram auf Reisen. So verbessert Insta Deine Ferien

Instagram auf Reisen: Die App, die hilft. Oder kaputtmacht, je nach dem. (Bild: Internaut)

Grad so hart hätte das der Internaut jetzt nicht gesagt. Aber zugegeben: Selber gehörte ich auch zu den Kritikastern von Instagram. Nachzulesen ist das im Blogpost, den ich in den Zeiten des ungestümen Insta-Aufschwungs unter dem Titel #ichbinkeineAmeise zu Online-Papier brachte.

Aber das hat sich geändert. Seit ein paar Monaten bin ich vom Kritikaster zum User geworden. Oder genauer: Zum Prosumer. Zu einem also, der auf Instagram Bilder produziert und konsumiert. Ich sag es hier, ich sag es laut: Ich mag Instagram. Weil: Instagram hilft mir, besser, intensiver und – vor allem – überraschender zu reisen.

Instagram für die Reise: Der entscheidende Trigger

Man mag zu «Insta» stehen, wie man will, eines ist klar: Für die Reisewelt ist der Bilderdienst zu einem entscheidenden Trigger geworden. Viele Architekten bauen heute Hotels so, dass sie «instagrammable» sind, also etwas hergeben für die Smartphone-Kamera.

Und viele – nicht nur junge – Traveller suchen sich Reiseziele aufgrund von Instagram-Bildern aus, wie die «Frankfurter Allgemeine» berichtet.

Als ich jüngst in Berlin ein Hotelzimmer suchte, ging es mir gleich: Wie ich auf einem Buchungsportal die bezaubernde Wendeltreppe einer Herberge in Berlin-Mitte sah, war es um mich geschehen: Ich buchte.

Und was machte ich als erstes nach dem Check-in? Richtig: Ich lichtete die Treppe ab. Und teilte sie auf Instagram. Sharing is caring, verstehste?

Wendeltreppen sind ein Liebling aller Instagrammers

Eine Treppe zum Verlieben. Gesehen im Hotel The Dude in Berlin. Geteilt auf Instagram. (Bild: der Internaut)

Heisst das, dass ich wie ein Irrer durch Berlin wandelte? Nur mit Blick auf den kleinen Screen und ohne Augen für alles drumherum? Muss ich im Restaurant jeden Gruss aus der Küche vor dem Verspeisen zuerst handygrafieren? Natürlich nicht.

Easy. Instagram ist für mich einfach ein zusätzlicher Reiseführer. Aber einer, der nicht statisch ist. Sondern einer, der in jeder Sekunde neu geschrieben, beziehungsweise bebildert wird.

Wir zeigen uns die Welt. Wie sie uns gefällt

Auf diese Art folge ich auf Instagram Menschen, die ich noch nie gesehen oder gesprochen habe. Aber es sind Leute, die mir gefallen. Weil sie mit wachem Blick durch die Welt gehen und Dinge oder Situationen festhalten, die ich mir gerne anschaue.

Einige davon folgen auch mir. Zusammen zeigen wir uns die Welt, wie sie uns gefällt. In Echtzeit. Instagram für die Reise wird so zum Gewinn für alle.

Kürzlich erhielt ich die finale Insta-Absolution – aus der hohen Welt der Kunst. Hans Ulrich Obrist, künstlerischer Direktor der Londoner Serpentine Galleries (für Insider: #serpentineuk), hat mir aus dem Herzen gesprochen. Beziehungsweise geschrieben.

Instagram verbessert Deine Reise. Und meine

Für den weltgewandten Kurator ist Instagram eine «unendliche Bildungs- und Bilderreise», die es ihm erlaubt, einmal bereiste Orte im Auge zu behalten. Das schrieb er im «Magazin» des Schweizer «Tages-Anzeiger».
Und: Die vielgescholtene Bildlischleuder ist für Obrist nichts weniger als «ein Fenster zu Welten, die mir sonst unbekannt bleiben würden.»

Da haben wirs. Insta hilft mir, einen Ort vorab zu entdecken, während dem Aufenthalt mit anderen zu teilen und mit ihm auch nach Abreise verbunden zu bleiben. Natürlich haben tolle Reportagen, Reisebücher und Empfehlungen von Freunden und Locals für mich weiterhin hohen Stellenwert.

Instagram auf Reisen: Es geht schon vor Abreise los

Doch wenn ich heute auf Reisen gehe, vertraue ich zusätzlich auf Instagram. Beziehungsweise auf die «Igers», wie sich Instagrammer in trendiger Kurzschreibweise nennen. Deshalb hier ein kleiner Anfängerkurs von einem, der selber noch ein Insta-Anfänger ist.

Bevor der Trip losgeht, schalte ich mich so etwa zwei Wochen vor Abreise in ein paar lokale Instagram-Communities ein. Per Suchfunktion auf Instagram schaue ich mir mein Reiseziel an und wähle Schlagworte aus – man spricht hier von «Hashtags» – die mich ansprechen.

Das kann beispielsweise die offizielle Adresse der jeweilige Touristik-Behörde sein. Bessere Erfahrungen mache ich allerdings mit offenen Bild-Foren von Menschen, die sich quasi alle um ein elektronisches Lagerfeuer gruppieren. In München ist das beispielsweise #mingagfui, («München-Gefühl» für alle Nicht-Bayern), in Berlin #berlinerpost; in Zürich DasischZüri und in Genf #colormygeneva.

Instagram für City-Repeater

Klar: Wer neu ist in einer Stadt und nur die üblichen Sehenswürdigkeiten abklappern will, kommt auch ohne Insta zurecht. Wer aber immer wieder in seine Love-City zurückkehrt, wird Ausschau halten wollen nach Überraschenderem.

In dieser Hinsicht fahre ich in meiner Stadtgeliebten Valencia immer gut mit Valenciagram:  Hier wird jeden Tag ein besonders hübsches Bild gekürt – und mit diesem Input habe ich schon manch neuen Ort entdeckt.

Der Tipp lautet also: Wer sich vor Abreise öfters mal ein paar Minuten lang die neuesten Insta-Bilder seines Zielorts anschaut und auch ein bisschen in der Vergangenheit herumclickt, gewinnt spannende Einsichten. Instagram für die Reise kann so zu einem echten Gewinn werden.

Hinweise auf Dinge, die man so nicht auf dem Zettel hatte

Natürlich würden die Insta-Weltuntergangspropheten der «Welt» unken, dass unter diesen Adressen öfters mal Selbstdarsteller ihre vegan gestählten Waschbrettbäuche und/oder Tattoos herzeigen. Ja, das gibt es.
Wie auch ein paar Witzbolde, die irgendwelche artfremden Bilder auf einen Hashtag posten.

Aber man findet eben immer mal wieder Hinweise auf Orte, die man nicht auf dem Zettel hatte. Frühstücks-Restaurants, Parks, kleine Museen, stille Plätze gleich ums Eck von Touri-Hotspots, Stadtteile, von denen man gar nichts wusste.

Was mir – wie Herrn Obrist auch – besonders gefällt: Auch nach der Heimreise kann man auf diese Art verbunden bleiben mit dem besuchten Ort. Da und dort werden Bilder hochgeladen von Schauplätzen, die man selber besucht hat.

Instagram auf Reisen: Die Liebe zur Wendeltreppe  

Vielleicht in einer überraschenden Optik, vielleicht ein bisschen schräg oder verwackelt – aber immer so, dass man sich wieder einen Moment lang zurückversetzt fühlt.

Ich selber jedenfalls habe mich grad gestern wieder zurückversetzt gefühlt auf die Wendeltreppe – «spiral staircase» im Igers-Worldspeak English – des Hotels The Dude, ganz in der Nähe der Starken Strecke Berlin Mitte. Weil ich mich in einen Insta-Hashtag verliebt habe, der nur Wendeltreppen zeigt. Ausgeschrieben heisst er: Die Welt braucht mehr Wendeltreppen.

Newsletter abonnieren

Jede Woche die neuste Blog-Post des Internauten im Postfach. Du kannst den Newsletter hier abonnieren und jederzeit wieder abbestellen.

Zur Anmeldung

Kindisch? Vielleicht. Aber auch eine grossartige Sache für Augenmenschen. Über 80 000 Follower in aller Welt freuen sich über dieses Thema, folgen Beiträgen von anderen Wendeltreppen-Fans, berauschen sich an der fantastischen Schneckenhauspotik und reichen selber Bilder ein von besonders schön gewundenen Treppen-Beauties.

Kann ein solcher Austausch schlecht sein? Bringt die gemeinsame und geteilte Begeisterung für eine eher nebensächliche Ästhetik den Planet ins Trudeln? Ich sage: nein. Was sagst Du?

Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

[email protected]

Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

Kommentare

4 Kommentare
  1. Claude Settele

    Instagram ist sicher auch ein Weg via Foto etwas über eine Destination zu entdecken. Ich finde Weg aber sehr beschwerlich wie gerade dein Beispiel #valencia zeigt. Ich habe es auch mit anderen Orten versucht: Oftmals muss man sich schon durch sehr viel Nichtssagendes bis Schrott durcharbeiten, um etwas Taugliches aus der Reiseperspektive zu finden.
    In wenigen Monaten hat IG wieder rund 100 Millionen Nutzer dazu gewonnen. Leider scheint die Zahl jener, die kreative oder informative Fotos posten, nicht proportional zuzunehmen. #hashtags haben oft viel Spam-Charakter. Das Bild vom Ort X verschlagworten viele schon mal mit Ortschaften der ganzen Region, um mehr Traffic anzuziehen.
    Mein Erfahrung zeigt, dass bei kleineren Orten oder solchen ohne Massentourismus, die Selfie- und Sonnenuntergangsrate kleiner ist.

    Antworten
    • DerInternaut

      Hallo Claude, merci für Deinen Kommentar. Hast schon Recht, da ist viel Schrott und dämliche Selbstüberhöhung im Netz. Und ja, kleinere Orte abseits des Mainstreams sind davon weniger betroffen. Bin aber trotzdem der Meinung, dass einem Insta neue Einblicke und Ansichten verleihen kann. Es lohnt sich, ein paar Minuten in die Suche nach Hashtags zu investieren, die sich dann fürs Followen eignen. Das sind nicht immer jene, die einfach mit dem Ortsnamen funktionieren. In Valencia etwa finde ich auf #Valenciagram immer wieder Überraschendes. Weil es ein kurartiertes Bilderbuch ist: Jeden Tag wird ein Beitrag ausgewählt und ins Schaufenster gestellt. Un saludo, -andresito-

      Antworten
  2. Undine W

    Hallo Andreas! Erstmal Dankeschön für diesen tollen Beitrag! Ich bin absolut Deiner Meinung, Insta ist klasse, obwohl ich früher auch skeptisch war und es erst seit Mal diesen Jahres nutze. Bin jedoch positiv überrascht und bereits addicted. Hab mir gleich mal ein paar Tips von Dir angeschaut… Valencia ❤️ great!
    Thank you für die Einladung zu Deinem Blog… habe schon herzlich gelacht, weil ich mich wieder erkannt habe… und auch bereits a lot of tips aufgesaugt. Dein gesamtes Konzept ist wirklich klasse, von der Idee bis hin zur written story. Keep it up and enjoy your trips! Ich freue mich auf unser Kennenlernen irgendwann einmal in Lübeck… starke Strecke schon im Kopf! Ha! Liebe Grüße Undine ????

    Antworten
  3. internaut

    Vielen Dank my dear, so schön, Dich in der Internaut-Community zu haben!

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert