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Home 9 Schweiz 9 Coffee to go: Welcher Muntermacher mundet maximal?

Coffee to go: Welcher Muntermacher mundet maximal?

Datum

2. Dezember 2021

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Home 9 Schweiz 9 Coffee to go: Welcher Muntermacher mundet maximal?

Kaffee für unterwegs, schnell bestellt & schnell gekippt – wunderbar. Aber welcher Coffee to go spendet am meisten Drinkholder Value? Marc Iseli testet in Bern.

Dass der Internaut Produkte-Tests mag: bekannt. Dass für solche Tests mit viel Zeitaufwand und Arbeit gerechnet werden muss: Ist schon so, ist halt so.

Aber eine so aufwendige Prüfarbeit wie jene, die Marc Iseli im weiten Feld des Coffee to go durchgeführt hat, lief bisher noch nie auf meinem Blog.

Coffee to go: Gebechert im Bahnhof Bern

Internaut-Leserinnen und Leser kennen Marc Iseli natürlich. Einerseits von seiner Starken Strecke London Peckham – und andererseits von seiner stupenden Tour d’horizon der Schweizer Bergseen.

Jetzt hat sich der Journalist und Triathlet mutig ins Berner Bahnhofsgetümmel gestürzt. Sein Thema: Kaffee. Wie und mit welchen Resultaten unser Autor siebenfach gebechert hat – Marc, the stage is yours.

Coffee to go: Sieben Anbieter getestet im Bahnhof Bern.
Coffee to go: Marc Iseli testet im Bahnhof Bern. Und bechert siebenfach. (Bild: Marc Iseli)

Heiss, kräftig, zuweilen mit etwas Milch und Zucker: Kaffee ist der Muntermacher der Nation – und die Schweiz ist verliebt in den tiefschwarzen Energiespender.

Beim Kaffee-Konsum schlürfen Herr und Frau Schweizer an der Weltspitze mit. 1070 Tassen Kaffee werden hierzulande gemäss dem Cafetier-Verband pro Kopf und Jahr getrunken.

Take-Away-Kaffee: Multis und lokale Champions treten an

Und der kleine Kick für unterwegs ist im Take-Away-Geschäft Big Business. Gemäss dem Basler Wirteverband wird mit Coffee-to-go hierzulande jährlich eine Milliarde Schweizer Franken umgesetzt.

Allen voran an den Schweizer Bahnhöfen, wo die üblichen Verdächtigen um Kundschaft buhlen: Migros, Coop, Valora und Starbucks.

Kaffee Test im Bahnhof Bern, Reiseblog der Internaut.
Das Kaffee-Septett, hübsch aufgereiht im Bahnhof Bern. Aber nix da mit Pause. Jetzt wird getestet. (Bild: Marc Iseli)

Besonders beeindruckend ist die Kaffeedichte im Berner Hauptbahnhof, einer der Top-Ten-Drehscheiben beim Schweizer Zugverkehr. 300’000 Personen zählt der Bahnhof am Tag – zumindest war das so vor Corona. Aktuell sind es einige Zehntausend weniger.

Bern hat im Kaffee-Business auch einige Eigengewächse, lokale Coffee-to-go Champions gewissermassen. Die Traditionsbäckerei Reinhard etwa, geführt in vierter Generation. Oder den Szene-Helden Adrian Iten, dessen Kaffee-Bar Adriano’s eigentlich am Kornhausplatz zu Hause ist.

Brühwarm: Der Kaffee-Test im Bahnhof Bern

Höchste Zeit also, um den Vergleich zu machen: Wer serviert den besten Muntermacher? Wer kassiert am meisten? Wessen Kaffeebecher überzeugt? Wo fällt der Deckel weg?

Und: Wer liefert Aroma, wo bleibt nur ein bitterer Geschmack? Wer denkt beim Service auch an Milchalternativen oder an laktosefreien Kaffeerahm? Plus: Bei wem gibt’s noch ein Schöggeli obendrauf?

Der Test-Gegenstand: Café Crème

Ich habe das Experiment gewagt. Sieben mal habe ich das Gleiche bestellt: Café Crème, schwarz, ohne Zucker, ohne Milch. Die Anbieter: Lidl, Spettacolo, Migros, Starbucks, Reinhard, Adriano’s, Sous-Sol.

Die letzten drei haben besonders viel Lokalkolorit. Adriano’s und Reinhard sind in Bern stadtbekannt, das Sous-Sol berühmt-berüchtigt.

Café Crème Test im Bahnhof Bern
Rührstäbchen inklusive: Café Crème im Test. (Bild: Marc Iseli)

Für Nicht-Berner: Das Sous-Sol ist ein Treffpunkt der eigenen Art, ein sozial-gesellschaftliches Biotop: Vor dem Restaurant wird immer noch mit viel Hingabe gepafft, innen hört man immer wieder internationale Stimmen.

Eine Mischung aus SBB-Raucherwagen der 90er-Jahre, Platzspitz und Bahnhofplatz Interlaken, alles einige Meter unter der Erde und direkt gegenüber des Interdiscounts.  

7 Anbieter auf 70 Metern

Die getesteten Anbieter tummeln sich auf einer überschaubaren Strecke von knapp 70 Metern.

Das teuerste Angebot ist fast zehnmal so teuer wie das Günstigste.

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Aber der Preis ist nicht das einzige Kriterium, das ich berücksichtige. Für den Vergleich ebenfalls relevant sind: Geschmack, Payment, Verpackung, Mobiliar, Service, Zusatzangebote.

Ich will nicht nur einen möglichst günstigen Take-Away-Kaffee, sondern auch einen möglichst guten. (Alle Preise immer in Schweizer Franken CHF).

Coffee-to-go: Bitte nicht flutschen on the go

Kräftig, nicht zu bitter, gerne auch etwas fruchtig soll er sein. Ich möchte kein Bargeld nutzen und will mir das Getränk auch nicht über das Shirt schütten, weil der Becher flutscht oder der Deckel sich nicht richtig festmachen lässt.

Wenn ich Zeit habe, will ich vielleicht ein paar Minuten sitzen. Und natürlich finde ich es nett, wenn ich – je nach Lust und Laune – mal eine Milch-Alternative in den Kaffee schütten kann. Oder ist das zu viel verlangt?

Milch-Alternativen: Leider Mangelware

Tatsächlich fallen alle Getesteten beim letzten Kriterium durch. Nur auf Nachfrage gibt es bei einigen Orten eine Milchalternative. Standardmässig liegt nichts bereit.

Weder bei den üblichen Verdächtigen noch bei den Lokalhelden. Immerhin: Im Sous-Sol kriege ich noch ein Schöggeli, Marke Cailler. Sehr aufmerksam. Und das alles für den Preis von 3.90 Franken – das ist akzeptabel, vor allem weil der Kaffee zu den besten im Vergleich gehört. 

Coffee to go: Teurer heisst nicht immer besser

Drei Anbieter waren noch teurer als das Sous-Sol. Ein guter Café Crème darf aber auch etwas kosten. Das Problem: Selbst teure Produkte sind nicht über alle Zweifel erhaben.

Enttäuschend war vor allem der Kaffee bei Starbucks. Klar, der US-Gigant ist nicht bekannt für den weltbesten Espresso. Wer hier etwas bestellt, will einen Caramel Frappuccino, einen Iced Starbucks Blonde Latte oder – etwas passender zur Jahreszeit – einen Fudgy Brownie Hot Chocolate.

Aber sicher keinen stinknormalen schwarzen Kaffee zum Mitnehmen. Starbucks hat nicht einmal einen passenden Coffee-to-go-Becher dafür. Der Kleinste muss es richten. Oder besser: zwei kleine Becher müssen her, denn es gibt keinen Überstülp-Karton, der gegen die Hitze des baren Kaffees schützt.

Coffe to go Test im Bahnhof Bern, Starbucks
Wir wollen bei Starbucks nicht fudgy, sondern Café Crème blutt. (Bild: Marc Iseli)

Blutt, ohne Milch, ohne Zucker, ohne Flavour, kostet der Starbucks-Kaffee immer noch stattliche 4.80 Franken. Geschmacklich bleibt er allerhöchstens Durchschnitt.

Er ist nicht besonders aromatisch, an Intensität dürfte er gerne etwas zulegen. Auf einer Zehnerskala gibt es dafür nur 4 von 10 Punkten. 

Der Preisb(r)echer: 50 Rappen

Eigentlich rangiert der Starbucks-Kaffee nur ganz knapp über dem billigsten Angebot im Test: dem Getränk von Lidl. Oder besser: dem Kaffee von Selecta. An die Automatenfirma aus dem bernischen Kirchberg – äuä würklech – ging nämlich meine Kartenzahlung.

50 Rappen sind es, wenn man den eigenen Coffee-to-go-Becher mitbringt. 1 Franken kostet es im Lidl-Becher.

Lidl Bahnhof Bern Kaffee Test
With a lidl help from Kirchberg: Lidl-Automat im Bahnhof Bern. (Bild: Marc Iseli)

Lidl ist der Preisbrecher, völlig diskussionslos. Das gibt Pluspunkte. Abzüge muss es für den Aushang geben: Lidl muss erst noch lernen, dass man in Bern «äs Gaffee» trinkt, keinen «Kafi». Das machen die Zürcher.

Trotzdem: Die Automatenbilligbrühe – ob jetzt von Lidl oder von Selecta, ist ja egal – ist ganz passabel, für meinen Geschmack vielleicht etwas zu deutsch: lang (250 Milliliter!), brütend heiss, relativ dünn, wässerig. Aber eben: für diesen Preis und mit etwas Milch eine hervorragende Alternative.

Coffee to go: Fruchtig und kräftig

Beliebt ist der Kaffee sowieso. Beim Test fehlten in drei von vier Automaten die Becher. Die Nachfrage ist also da. Von mir gibt es 3 von 10 Punkten.

Mein persönlicher Gewinner ist der Kaffee von Adriano’s. Mit 4.30 Franken ist er der drittteuerste im Test – hinter Spettacolo (4.40 Franken) und Starbucks (4.80 Franken). Im Geschmack hängt er alle anderen ab.

Coffee to go Test Bahnhof Bern Adrianos Sieger
Adrianos hängt den Rest ab. Nicht beim Preis, aber beim Geschmack. (Bild: Marc Iseli)

Fruchtig und kräftig zugleich. Deutlich weniger bitter als die Konkurrenz. Selbst wenn er eine Weile steht, ist der Kaffee immer noch um Klassen besser als das, was die Rivalen servieren.

In Sachen Geschmack gibt es hier 10 von 10 Punkten. Maximalrating.

Adrianos Bahnhof Bern
Yesterday, all my Brezels seemed so far away: Halbpreis-Angebot bei Adriano’s. (Bild: Marc Iseli)

Adriano’s serviert auch eine gut gemachte Verpackung, hat sogar eine kleine Sitzmöglichkeit und serviert den Kunden eine Milchalternative auf Nachfrage. Kartenzahlung ist kein Problem.

Die Butterbrezel und den Nussgipfel vom Vortag gibts zum halben Preis, das ist schon fast wie bei der Äss-Bar.

Spettacolo: Café Crème gut, Mobiliar interessant

Geschmacklich überzeugt hat auch der Kaffee von Spettacolo. Das Mobiliar beim Valora Ableger erinnert zwar eher an eine etwas interessante Kombi aus Reithalle und Wankdorf.

Aber das, was die Baristas durch die gemahlenen Kaffeebohnen pressen, ist durchaus sein Geld wert.

Coffe to go Test Bahnhof Bern Reiseblog der Internaut
Nicht spectacularly, aber ganz okay: Café Crème bei Spettacolo. (Bild: Marc Iseli)

Im Ansatz sehr gut, nur etwas langweilig im Vergleich zu Adriano’s. Da fehlt die fruchtige Note. Das Bittere drückt stärker durch. Unterm Strich sind das aber trotzdem sehr gute 8 Punkte.

Eher sanft, aber trotzdem sehr gut sind die Kreationen von Reinhard und dem berühmt-berüchtigten Café Sous-Sol. Geschmacklich sind sie in etwa gleich auf, auf einer Zehnerskala kriegen sie 7 Punkte.

Reinhard: Becher premium, Payment subprime

Reinhard punktet bei mir noch in einer Nebenkategorie: Der Bäcker hat den besten Becher. In einer anderen Nebenkategorie geht Reinhard aber als Verlierer vom Feld: Payment.

Take-Away-Kaffee gibts nur gegen Cash oder Jeton. Das ist nicht mehr zeitkonform, schon gar nicht, weil es kein Rückgeld gibt.

Reinhard Kaffee Bahnhof Bern Test Reiseblog Internaut
Guter Kaffee, guter Preis. Aber beim Payment muss Reinhard eine Brühstufe besser werden. (Bild: Marc Iseli)

Wem es am Bahnhof «hurti» vorwärts gehen soll, ärgert sich über solche Details. Der Preis aber ist gut: 2,50 Franken kostet der Kaffee. Das gibt es nicht alle Tage, vor allem nicht auf diesem Niveau.

Kaffee zum Mitnehmen: Die Migros hats nicht so ganz

Bleibt noch die Migros. Sie ist die Nummer eins im Schweizer Detailhandel und serviert die eigenen Bohnen von Café Royal.

Im Migros-Universum beschäftigen sich sicherlich eine Menge Leute mit der braunen Bohne. Sie schlürfen täglich dutzende Kaffees, justieren Röstgrade, fabrizieren Spezialanfertigungen.

Kaffee zum Mitnehmen Test Bahnhof Bern Migros Coffee-to-go
Migros: Alles fliesst. Jedoch nicht in höchster Qualität. (Bild: Marc Iseli)

Aber das Standardprodukt am Berner Bahnhof löst wenig Begeisterung aus.

Der Preis ist angemessen: mehr als 3.30 Franken will ich dafür nicht bezahlen. Vor allem, wenn der  Bäcker auf der anderen Seite für 80 Rappen deutlich mehr Geschmack liefert. Die Migros kriegt bei mir bezüglich Coffee-to-go deshalb nur 5 von 10 Punkten.

Coffee to go, letzter Info-Schluck: Das finale Ranking

So, jetzt kommen wir zum Finale dieses Tests. Ranglisten sind natürlich immer beliebt bei solchen Untersuchungen, gäng wie gäng.

Bitte sehr, eine solche aggregierte Hitliste bezüglich Coffee-to-go im Bahnhof Bern können wir hier liefern. Unter dem Strich zeigt sich das Ranking beim Test für den Kaffee zum Mitnehmen so:

  1. Adriano’s – 10 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 4.30 Franken
  2. Spettacolo – 8 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 4.40 Franken
  3. Reinhard – 7 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 2.50 Franken
  4. Sous-Sol – 7 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 3.90 Franken
  5. Migros – 5 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 3.30 Franken
  6. Starbucks – 4 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 4.80 Franken
  7. Lidl – 3 von 10 Punkten im Geschmack, Preis: 1 Franken (Lidl-Becher); 50 Rappen (Version eigener Becher.)

Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

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Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

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