Unterwegs hinter den Gleisen: Auf angenehm unaufgeregter Entdeckungstour an der Güterstrasse Basel, im Bahnhofsquartier Gundeli. Oder Gündülü?
Bahnhöfe haben in der Regel eine weltumspannende Gemeinsamkeit: Auf der City-abgewandten Seite, hinter den Gleisen quasi, herrscht selten der grosse Glamour.
Hilton, Hermès und Haubenköche siedeln meist lieber beim Hauptausgang des Bahnhofs, dort wo sich die Stadt den Ankömmlingen von der strahlenden Seite zeigen will.
Güterstrasse Basel: Mal wieder Bahnhof-Hinterseite
Für die Starke Strecke gefallen mir Bahnhof-Schattenseiten in der Regel besser. Weil sich dort mehr Unerwartetes regt.
Dadurch, dass die Mieten auf der «wrong side of town» traditionell tiefer sind (oder mindestens waren) als an den Prachtstrassen, können sich andere Dinge entwickeln, können sich Menschen entfalten, die nicht nur auf der Siegerstrasse unterwegs sind.
Wer den Südausgang des Basler Bahnhofs hinter sich lässt, ist schon mittendrin. An der Güterstrasse im Gundeldingerquartier, das von Baslern auch – liebevoll, wie ich hoffen will – «Gündülü» genannt wird.
In lautmalerischer Anspielung darauf, dass viele der Menschen hier türkisches und anderes südosteuropäisches Blut haben. Oder mindestens ein paar Spritzer davon.
Das Wort des «Multikulti» mag etwas abgenutzt (oder «rundgelutscht», wie Werber sagen) anmuten. Aber auch die tonangebende örtliche Presse spricht beim Gundeli von einem «wunderbaren Multikulti-Gemisch»
Unaufgeregtes Flair in Basel Gundeldingen
An der Güterstrasse mag es da oder dort eine Hipster-Adresse geben, grundsätzlich aber haben es hier Ladenbesitzer, Baristas, Barkeeper und Velofahrer nicht nötig, speziell abgedreht oder gar trendy daher zu kommen.
Man gibt sich eher unaufgeregt, huldigt der verfeinerten alternativen Lebensart. Irgendwelches Schickimicki-Theater gehört definitiv nicht ins Programm der Güterstrasse. Was hingegen stark dazugehört: Brockenstuben. Sie zeigen sich hier in hoher Dichte. Ich habe drei davon gezählt, eine davon mit Spezialgebiet Bücher.
Güterstrasse Basel: Ein starker Platz im Gündülü
Bevor wir reinstechen in die Güterstrasse noch kurz dies: Dem Strassenstrang, der von gutmeinender Stadtplanerseite manchmal etwas euphemistisch «Boulevard» genannt wird, muss man sich nicht nur vom Bahnhof her nähern.
Es geht natürlich auch mit dem grünen Basler Tram, pardon «Drämmli». Mit den Linien 15 oder 16 etwa gelangt man zum Tellplatz. Das ist ein starker Streckenabschnitt, wie wir schon bald zu berichten haben werden.
Ein Kaffeestopp in Basel Gundeldingen
Die Kaffeerösterei La Columbiana ist der perfekte Einstieg in die Güterstrasse.
Ein Gundeli-Original, seit 1978 eine prima Adresse für den kleinen Schluck, der uns für die Starke Strecke stärkt.
Basel Güterstrasse: Ein Drink
Schon eingangs wurde der Tellplatz erwähnt, ein Anker an der Güterstrasse. Im L’Esquina (die Ecke) ist Hispanidad Trumpf. Etwa beim Bier, wo Marken wie San Miguel, Moritz Barcelona oder Estrella Damm zur Auswahl stehen.
Das L’Esquina ist ein guter Treff-, Ausruhe- und Beobachtungspunkt an der Güterstrasse. Und mit einer reichen Tapas-Palette auch eine gute Imbiss-Adresse.
Eine Mahlzeit
Wer an der Güterstrasse beim Italiener 5 Signori einkehrt, macht ganz sicher nichts falsch. Das Haus rangiert auf Tripadvisor in den Top 50 der rund 700 Basler Restaurants und ist auch den Feinschmeckern des «GaultMillau» positiv aufgefallen. Fast noch besser zur Stimmung in dieser Gegend passt das Werk 8 im Gundeldinger Feld, ganz in der Nähe der Güterstraße.
Das Restaurant ist untergebracht in der einstigen Maschinenfabrik Sulzer-Burckhardt. Und das Fabrikhallen-Flair ist schon die halbe Miete: Hohe Decke, grosse Fläche, spannendes Halbdunkel, Industrie-Chic vom Feinsten.
Weil wir in Basel sind, wird in dieser coolen Halle aber nicht eine High-End-Küche mit High-End-Preisen zelebriert. Viel lieber verpflegt man sich mit Währschaftem wie Zander-Knusperli, geschmorter Lammhaxe oder vegetarischem Clubsandwich.
Basel Gündülü: Ein Shop
Früher gehörte an eine anständige Strasse ein gut sortierter Platten- oder CD-Laden. Seit der Mensch lieber streamt und downloadet, sind diese Zeiten vorbei. Nicht so an der Güterstrasse: Schmocki’s Ohrwurm-Oase kümmert sich liebevoll ums Thema Tonträger.
Ist man dort spezialisiert auf irgend ein Sound-Thema? Ich fragte zweimal nach. Und hörte zweimal das gleiche: «Bei uns findet man alles.» Das nenne ich eine Ansage. Und ein Versprechen.
Güterstrasse Basel: Noch ein Laden
Wenn die Fachwelt von «Upcycling» spricht, ist damit die Aufarbeitung von alten und scheinbar nutzlosen Materialien in Neues gemeint. Selten sieht man das so munter und quirlig wie bei Rebag and more. Hier wird alten Plakaten, Zeitschriften oder abgelaufenen Kalenderblättern ein neues Leben geschenkt – etwa als Portemonnaies, Couverts oder Taschen.
Das Schaufenster des ebenso kleinen wie entzückenden Ladens wird monatlich neu gestaltet. Wir waren dort, als Seventies-Orange en vogue war. Und hoffen auf ein Comeback.
Güterstrasse Basel: Ein Mitbringsel
Bei der Ölmanufaktur Oelist haben wir uns ein Bio-Haselnussoel besorgt. Ein prima Mitbringsel mit Geschichte. Wer kann schon erzählen, er hätte sich mit einem Ölmüller unterhalten?
Wir schon. Das 100ml-Fläschchen zu 14 Franken. Das Gundeli machts möglich.
Die Anreise zur Güterstrasse Basel
Per Tram 15 oder 16 zum Tellplatz. Oder klassisch: Mit der Bahn nach Basel SBB.
Dann den rückwärtigen Ausgang nehmen ins Gundeldingerquartier. Voilà.
Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Güterstrasse Basel
Ein Ausflug auf den nahen Margarethenhügel. Ein Bauernhof mit bestem Blick auf die Basler Skyline, die von den Roche-Türmen Bau 1 und Bau 2 dominiert wird.
Er wird oft rhetorisch angerufen, der sprichwörtliche «Heilige Geist!». Besuchen Sie ihn doch mal. Die Heiliggeistkirche liegt ganz nahe an der Güterstrasse,
Wenn wir doch schon mal so nahe sind beim Basler Zoo: Vom hinteren Bahnhofausgang her ist er in zehn Gehminuten erreichbar, der «Zolli».
Können die eigentlich alles? Es scheint so: Stadien, Museen, Türme (wie den «Bau 1» zu Basel), dafür sind die Basler Architekten Herzog & de Meuron weltberühmt.
Und sogar eine vermeintlich banale Baute wie ein SBB-Stellwerk dachten und bauten die Tausendsassas so, dass es querweltein Design-Lob gab für den Kupferbau im Gleisfeld. Neugierig geworden? Nur hin, die Adresse «auf dem Wolf» liegt ganz in der Nähe der Güterstraße Basel.
Lust auf noch mehr Basel? Aber gern doch: Im Jahr 2022 wurde die Stadt Austragungsort einer SRF Krimi-Fernsehserie.
Wie sich die Basler Tatorte der Krimi-Komödie «Die Beschatter» anfühlen und was dabei für Reisende drinliegt, beschreibt Michael Heim hier.
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Zur AnmeldungFür die Serie «Starke Strecke» porträtieren der Internaut und seelenverwandte Autorinnen und Autoren städtische Strassen aus aller Welt, die nicht globalisiert sind.
Kein Starbucks, kein Zara, kein Hennes & Mauritz, kein McDonald’s – sondern lokale und regionale Anbieter aus Gastronomie, Hotellerie, Shopping und Kultur.
«Starke Strecke» ehrt Strassen, die Locals und Zugereiste gleichermassen glücklich machen.
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wir waren heute im werk8 im gundeli. vielen dank für den super tipp! wunderbar gegessen in cuuler atmodphäre.
Hallo und vielen Dank für Feedback und Kommentar. Die Starke Strecke Gundeli ist schon ein etwas älteres Guetsli, freut mich, wenn das immer noch zu guten Erlebnissen verhilft. Gruss, -andreas aka der Internaut-
„Gündülü“ wird nur von Menschen benutzt die sich ab der vielen Türken stören! Es ist eindeutig NICHT liebevoll gemeint sondern eher rassistisch…
Wir sagen „Gundeli“.
Nur zur Aufklärung…
Hallo Anna, danke für Kommentar und Aufklärung. Ich hab das «Gü-Wort» in einigen Artikeln in Basler Zeitungen gefunden. Tut mir leid, wenn das despektierlich rüberkommt. Ich selber mag die Gegend Gundeli sehr gerne, genau aus dem Grund der hier gelebten Vielfalt. Gruss, -andreas aka der Internaut-