Klein-Istanbul sagen die einen, minderes Basel die anderen. Der Internaut sagt: Das Kleinbasel gehört endlich mal auf die grosse Bühne. Vorhang auf fürs Basler Trendquartier, Laufsteg frei für die Feldbergstrasse Basel.
Würde man die Schweiz als zoologischen Garten betrachten, könnte man wohl sagen: Basel und Zürich sind im gleichen Tiergarten zu Hause. Aber, grosser Unterschied, nicht im selben Kanton.
Oder, um beim Tier-Bild zu bleiben: Basel und Zürich liegen im gleichen Zoo. Aber nicht im gleichen Gehege.
Kleinbasel: Das Ausland liegt ums nächste Eck
Was sind die Unterschiede? Der Internaut, selber ein echter Zürihegel, sagt mit einem gewissen Mass an Selbstkritik: Zürich genügt sich oft selber. Oder etwas pointierter: Dort, wo kein blaues Züritram mehr fährt, beginnt die Provinz. Glaubt er zu wissen, der Zürcher.
Bei den Baslern mache ich ein etwas grossräumigeres Denken aus, wohl auch deshalb, weil die Rheinknie-City und damit der Halbkanton Basel-Stadt so nahe bei Deutschland und Frankreich liegt. Als Zürcher ist es für mich in Basel jedenfalls immer wieder erstaunlich, wie schnell man per Tram ins Ausland gelangt.
Von der Feldbergstrasse her etwa sind es nur gerade 15 schlappe Velo-Minuten ins französische Saint-Louis.
Weil es aber meist besser kommt, wenn ein Eingeborener über seinen Hometurf schreibt, überlasse ich das Wort für diese Starke Strecke Kleinbasel gerne einem Basler.
Wie wir bald merken werden, gibt es auch in Basel Unterschiede. Zum Beispiel jenen zwischen Gross- und Kleinbasel. Aber jetzt übernimmt Michael Heim die Führung.
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Zur AnmeldungDer Basler Michi ist beruflich als Wirtschaftsjournalist in Zürich und privat in einem Bierbrauer-Kollektiv aktiv.
Letzteres übrigens im Kleinbasel – was der Internaut als recht passend für diese Starke Strecke erachtet.
Lange galt das Arbeiterquartier um die Matthäuskirche im Kleinbasel als düstere Ecke und wurde wegen seines hohen Ausländeranteils auch gerne als Little Istanbul bezeichnet. Selbst unter (Gross-)Baslern gibt es nicht wenige, die noch nicht oft in dieser Ecke des «Minderen Basels» waren, wie das Kleinbasel einst genannt wurde. Doch das ist ein Fehler.
Denn in den letzten Jahren hat sich der Stadtteil gemausert. Die restriktive Verkehrspolitik hat die Autos vertrieben, Plätze wurde neugestaltet, und mit den Studenten zog eine bunte Freizeitkultur ein.
Kleinbasel Feldbergstrasse: Charme auf den zweiten Blick
Mitten durch Kleinbasel verläuft die Feldbergstrasse, die wie viele Strassen im Quartier nach einem Ort in der badischen Nachbarschaft benannt ist. Als eine der Hauptverkehrsachsen führt sie von den Hallen der Messe Basel zum Rhein.
Die Feldbergstrasse ist keine Schönheit, ist sie doch eine der letzten Strassen hier im Kleinbasel, durch die sich Busse, Autos und Lastwagen zwängen. Doch auf den zweiten Blick zeigt sie ihren Charme. Immer wieder öffnet sie sich zu kleinen Plätzen, die daran erinnern, dass diese Quartier erst Ende des 19 Jahrhunderts entstanden ist, als man schon etwas grösser plante.
Erasmus, der Hipster-Vorbote
Etwa der Erasmusplatz, der an Erasmus von Rotterdam erinnert, diesen reisenden Gelehrten, der einst in Basel Station machte und einem Studenten-Austauschprogramm den Namen gab. Und wie es der Zufall will, mutiert er gerade zum hipsterigen Studi-Mekka.
Was Erasmus von Fussball hielt, ist nur schwach überliefert. Was aber jeden Tag bestätigt werden kann: Der FC Basel ist am Rheinknie ein Kulturfaktor. Fussballkultur lässt sich an der Feldbergstrasse im Stadtteil Kleinbasel hervorragend erleben. Beinahe schon eine Institution ist Didi Offensiv, die Fussball-Bier-Bar, die an den legendären FCB-Aufstiegstrainer Claude «Didi» André erinnert.
Feldbergstrasse Basel: Ein Kaffeehalt
Doch genug der Geografie. Starten wir unseren Kleinbasler Besuch. Und das geht am besten mit einem Kaffee in D E R Basler Caffè Bar, bei Graziella. Kaffee: Pasticceria da Graziella an der Feldbergstrasse 74.
1985 startete hier die zwei sizilianischen Einwanderer Sebastiano und Graziella Guglielmino ihr Geschäft. Viel verändert dürfte sich seither nicht haben, ausser dass es mittlerweile drei Ableger gibt und heute die Kinder das Sagen haben.
Es ist weniger der Kaffee, der die Basler zu Graziella treibt, als die Patisserie. Gefüllte Cannoli, die Torta della Nonna oder – wenn es salzig sein darf Arancini, – überzeugen allesamt. Und als Krönung gibt’s hier das beste Mandelgebäck: Ob als klassische Amaretti oder als kleine Hörnchen mit Pinienkernen drauf: Das ist Pflicht.
Sollte es bei Graziella keinen Platz haben (was vor alle am Wochenende oft der Fall ist), wird neuerdings vis-avis bei Rouine (dazu später mehr) auch Kaffee serviert. Und sollte es Samstag sein, gibt es einen ganz guten Kaffee auch auf dem Markt.
Kleinbasel Feldbergstrasse: Ein Markt
Und das ist unser nächster Tipp: Matthäusmarkt Matthäuskirchplatz, samstags 8 bis 13 Uhr. Der Matthäusmarkt findet am Samstag auf dem Platz vor der Kirche statt. Vier Mal jährlich kommt er zudem als grosser Themenmarkt daher.
Zu kaufen gibt es vor allem Lebensmittel, meist aus regionaler Produktion und in Bio-Qualität. Das beste Gemüse kommt in Basel übrigens nicht selten aus dem Ausland – wenn auch nicht von weit her. Der Kontakt ist eng: Seit jeher kommen Badische und Elsässer Bauern zum Verkaufen nach Basel.
Ein Laden an der Feldbergstrasse Basel
An der Feldbergstrasse geht es individuell zu und her, ganz im Sinne des Manifests zur Starken Strecke. Zwischen türkischen oder afrikanischen Lebensmittelläden haben sich in den letzten Jahren auch ein paar ausgefallenere Boutiquen und Läden eingenistet.
Gut so.
Marinsel etwa verteilt sich über drei kleine Zimmer und bietet Mode, Schmuck und Accessoires an.
Im Shop fallen mir die edlen Zeichenstifte auf, während meine Begleiterin hier endlich den bronzenen Schuhlöffel findet, der ihr schon immer zum Glücklichsein fehlte.
Kleinbasel Feldbergstrasse: Ein Mitbringsel
Originell ist auch das Konzept von Stoff und Brot, einem Laden in dem – Überraschung! – Stoffe und Brot verkauft werden.
Und Dinge für aufs Brot, wie diese handgemachte Haselnuss-Crème namens Pyjama.
Obwohl überhaupt kein Frühstücker, lasse ich mich zum Kauf verlocken – und bereue es kein bisschen. Die Kalorienbombe würde man am liebsten gleich löffeln.
Der vegane Haselnuss-Brotaufstrich Pyjama, 230 Milliliter schwer, wandert im Shop für sechs Franken in unsere Vorratskammer. Wo er wohl nicht lange überleben wird.
Mahlzeit! Thai-Food im Kleinbasel
Wer Asiatisch mag, kommt da auf seine Kosten, wo sich Klybeck- und Feldbergstrasse kreuzen. Gleich mehrere Lokale haben sich der asiatischen Küche verschrieben, und in Basel heisst das zumeist: Thai Food.
Good Value gibt es bei den charmanten Ladies von Siam Delicious, die sich in einer ehemaligen Halal-Metzgerei eingemietet haben. Etwas teuerer und eleganter ist Lebua. Und das neu eröffnete Restaurant Nua (ein Ableger des bereits erfolgreichen Boo an der Klybeckstrasse) bietet nebst thailändischen Klassikern auch gute gemachte Teigtaschen.
Unser Favorit jedoch ist das Restaurant Chanthaburi, das sich hinter einer schlichten Fassade versteckt, hinter dem Haus aber mit einem gemütlichen Hof punkten kann. Auf dem Dach des Hinterhauses wachsen zudem die eigenen Chili-Planzen. Es seien bereits mehr als hundert, sagt man uns von kundiger Seite.
Was auch gleich belegt, dass hier authentisch und frisch gekocht wird.
Das Essen im Chanthaburi ist vom Feinsten; ob scharfer Salat mit marinierten Crevetten, das rote Curry mit Ente oder als ultimatives Referenzprodukt die Pad-Thai-Nudeln.
Oder kurz: Wir können hier alles empfehlen.
Feldbergstrasse Basel: Ein Drink. Oder zweidrei?
2019 eröffnete Caroline Rouine am der Feldbergstrasse nach einer längeren Umbauzeit (und mutmasslichen Diskussionen um die Auflagen) neu, was vorher schon viele Namen hatte.
Was vorher war, lief mal besser und auch mal schlechter. Ziemlich abgefahren war dabei der letzte Name: Terrorsamba.
Auffallend ist die Bar Rouine, an der es grün von der Decke runter wächst. Spätabends bildet sie das Vorzimmer zum Club- und Konzertlokal, der gleich daran anschliesst. In den wenigen Monaten zwischen Eröffnung und coronabedingter Teilschliessung mauserte sich das Lokal schnell zum hippen In-Place.
Noch mehr coole Strassen
Der Internaut ist in Grossstädten unterwegs und findet Strassen, die Spass machen zum Essen, Trinken, Shoppen. Strassen, die nicht globalisiert sind – sondern von lokalen und regionalen Angeboten leben.
Mehr erfahrenUnd gleich noch ein Drink: Als «Angel’s Share» bezeichnet man den Teil, der während der Lagerung eines Whiskys aus dem Fass verdunstet, und Whiskies gibt es in der gleichnamigen Bar in allen Preisklassen zu trinken. Punkten kann die Bar jedoch auch mit ihren Cocktails, die immer mal wieder auch von Gast-Bartendern angerührt werden. Definitiv ein Ort, um nach dem Essen gemütlich was zu trinken.
Und wenn dann irgendwann alles andere zu hat, trifft man sich in der Kleinbasler Friends Bar, die so heisst wegen der Serie aus den Neunzigerjahren. Hier geht’s dann weniger um die Drinks als um das gesellige Noch-nicht-nach-Hause-gehen.
Instagrammable Kleinbasel
Der Bau der Messehalle von Herzog & De Meuron war und ist bis heute schwer umstritten (und das nicht nur, weil die Messebetreiberin MCH kaum noch lukrative Messen veranstaltet).
Wie ein Riegel schiebt sich der Bau zwischen die anderen Gebäude am Messeplatz.
Ein wahrer Hingucker ist jedoch Loch mitten in der Halle, das den Blick nach oben freigibt und dessen lamellenartige Fassade interessante Lichtspiele bietet.
Was soll man sagen? Vielleicht dies: Einer der ganz grossen Insta-Klassiker der urbanen Schweiz.
Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Feldbergstrasse Basel
Was wäre Basel ohne den Rhein? Die Feldbergstrasse führt an den Rhein, und so wäre es schon fast ein Frevel, nicht die paar Stufen zur Basler Lebensader runterzusteigen.
Denn in den Sommermonaten können die Strassen noch so hip und angesagt sein, da ziehts die Basler an den «Bach».
Ja, man kann einem Fluss einfach auch mal zuschauen. Hol Dir an der Flora Buvette (von der Feldbergstrasse aus ein paar Meter rheinaufwärts gehen) ein Bier (wir empfehlen die Basler Erzeugnisse Ueli Bier oder gern auch BrauBudeBasel), und setz Dich auf die Stufen am Wasser.
Und jetzt tief durchatmen und den Öltankern beim vorbeifahren zuschauen. Und bitte zwei Basler Grundgesetze beachten.
Erstens: Nie auf die unterste Stufe sitze, wenn Du trocken bleiben willst. Zweitens: Reingehen, wenn Du nicht trocken bleiben willst. Danggscheen.
Wir bleiben noch am Rhein und begeben uns AUF den Rhein. Merke: Kein Baselbesuch ohne Fääri-Fahrt. Wir wählen die Klingentalfähre gleich neben der Flora-Buvette.
Eine Überfahrt mit der motorlosen Fähre kostet 1.60 Franken, aber man darf natürlich auch gleich zwei Fahrten buchen, denn wir wollen ja nicht ins Grossbasel.
Sondern im Stadtteil Kleinbasel bleiben. Also, weiter gehts mit den Sehenswürdigkeiten in Gehdistanz zur Feldbergstrasse. Ebenfalls an unserer Starken Strecke, allerdings ganz am anderen Ende liegt das Musical Theater der Messe Basel. Hier machen immer wieder internationale Produktionen wie «König der Löwen» oder auch mal eine Ballett-Aufführung halt.
Vom berühmten Basler Loch hatten wir es ja schon. Wirklich angetan hat es uns dort aber der Brunnen auf dem Messeplatz.
Ein schöner Ort zum Verweilen. Noch schöner, wenn man (oder frau) dort seine/ihre Yoga-Künste zur Darbieten bringen kann.
Und wenn wir grade von Sehenswürdigkeiten sprechen: Wie sich Basel in der TV-Serie Die Beschatter zeigt, beschreibt Michael Heim hier.
Feldbergstrasse Kleinbasel: Die Anreise
Vom Bahnhof SBB (SBB/Schweiz): Mit Tram Nr. 8 bis zur Station Feldbergstrasse. Vom Badischen Bahnhof (Deutsche Bahn/Deutschland) mit Bus 30 bis Riehenring oder zu Fuss via Schönaustrasse (ca. 1 km).
Mit dem Auto: Am besten im Parkhaus Messe Basel parkieren (Autobahnausfahrt Basel-Wettstein) und von dort aus zu Fuss via Riehenring (nach Norden)
Für die Serie «Starke Strecke» porträtieren der Internaut und seelenverwandte Autorinnen und Autoren städtische Strassen aus aller Welt, die nicht globalisiert sind.
Kein Starbucks, kein Zara, kein Hennes & Mauritz, kein McDonald’s – sondern lokale und regionale Anbieter aus Gastronomie, Hotellerie, Shopping und Kultur.
«Starke Strecke» ehrt Strassen, die Locals und Zugereiste gleichermassen glücklich machen.
Hier gehts direkt zu allen Starken Strecken.
Kompliment Michael! Bis heute glaubte ich als „basilophiler“ Zürcher die Stadt am Rheinknie und auch Kleinbasel gut zu kennen! Dank deiner «Starken Strecke» habe ich heute viel Neues erfahren. Bei meinem nächsten Besuch in der Fondation Beyeler (ich empfehle die aktuelle Hopper-Ausstellung), werde ich der Feldbergstrasse meine Referenz erweisen. Ich bin gespannt!
Der Artikel hat mir als Neukleinbasler geholfen die Stadt kennenzulernen. Wenn man neu in einer Stadt ist ist man dankbar für jeden Tip. Sehr gut geschrieben und umschrieben. Danke 😘
Hallo Gernot, merci für Dein Feedback, sehr schön, dass Dir der Internaut da etwas Einstiegshilfe fürs Kleinbasel bieten konnte. Würde mich freuen, Dich als Abonnenten für den Internaut-Newsletter zu gewinnen, it’s free, https://derinternaut.ch/newsletter/ Gruss, -andreas güntert, aka der Internaut-