Dritte Staffel der TV-Reise-Serie: In der ersten Folge von Abenteuerlustig Tessin umkurven Nik Hartmann und Claudio Zuccolini einige Klippen. Aber nicht ganz alle.
Meine Besprechung zu Abenteuerlustig Tessin verlangt nach einer Präambel in eigener Sache.
Fast kommt es mir vor, als hätte meine letzte TV-Kritik zur Serie gefruchtet und sei in die dritte Ausgabe von Abenteuerlustig eingeflossen.
Grösstes Läster-Thema bei der Besprechung der ersten Staffel der Reise-Serie waren die Längen.
Vor allem die gefühlt ewige Frist, die es damals jeweils brauchte, bis die erste Herausforderung bekannt wurde.
Abenteuerlustig Tessin: Endlich mehr Tempo
Wir erinnern uns: Die TV-Serie Abenteuerlustig auf dem Schweizer Privatsender 3plus lebt stark davon, dass sich Moderator Nik Hartmann und Comedian Claudio «Zucco» Zuccolini auf ihren Reisen pro Folge drei Herausforderungen stellen müssen.
Diese sogenannten «Challenges» werden den beiden Freunden und Protagonisten jeweils in einer Schatulle überbracht. Was in der ersten Staffel immer immens lang dauerte. Nämlich immer bis nach dem ersten Werbespot. Knallhartes Privatsender-Kalkül halt. Aber auch nervig für die Zuschauerinnen und Zuschauer.
Bei der dritten Staffel im Herbst 2022 nun aber, die statt im Ausland im Schweizer Kanton Tessin spielt, ging das – mindestens in der ersten Folge – sehr viel flotter. Weit vor dem ersten Werbespot lagen die ersten Herausforderungen auf dem Tisch. Eine grosse Verbesserung. Grazie.
Apropos «grazie»: Etwas erstaunt ist man als Schweizer Zuschauer schon über das sehr beschränkte Italienisch-Sprachwissen der Signori Nik Hartmann und Claudio Zuccolini. Auf der anderen Seite zeugt die Radebrecherei der Publikumslieblinge Zucco und Nik in Abenteuerlustig Tessin auch von der Ungeschminktheit dieser TV-Reisesendung.
Keine Werbe-Walze vom und fürs Tessin
Reisesendungen leben in der allermeisten Fällen von Werbe-Einnahmen und Sponsoren. Für Abenteuerlustig Tessin holte der Sender 3+ den chinesischen Elektronik- und Smartphone Hersteller Oppo sowie Ticino Turismo als Sponsoren an Bord.
Letztere Organisation sorgte im Vorfeld bei mir natürlich für erhebliche Bedenken: Wird die dritte Staffel Abenteuerlustig zur reinen Werbe-Walze für den Kanton Ticino?
Beziehungsweise: Beunglückt uns die dritte Staffel von Abenteuerlustig mit einem reinen Klischee-Bilderstrom aus Boccalino-Belcanto und einem Werbespot-Tris aus Ascona, Locarno und Lugano?
So weit kommt es – mindestens in der ersten Episode der dritten Ausgabe – nicht. Stationen wie das Bleniotal, der Fiume Ticino oder die Gorda-Hütte in Aquila zeigen, dass das Tessin mehr zu bieten hat als die übliche Postkarten-Idylle.
Abenteuerlustig Tessin: Schickt die Off-Stimme nach Hause!
Auch Bellinzona, Hauptstadt des Südkantons kommt zum Auftritt. Was die Stimme aus dem Off zum Anlass nimmt, den Werbespruch «Bella Bellinzona, Perle des Tessins» abzusondern.
Die Stimme aus dem Off ist eine Konstante dieser Serie. Und, man muss es sagen, ein konstantes Ärgernis. Wann wird sie endlich nach Hause geschickt?
Geilometer: Okay Boomer, das kann ich durchlassen
In der Vergangenheit hat mich bei dieser Serie der inflationäre Umgang mit dem Wort «geil» genervt. Seither zähle ich mit, wie oft die mittelalterlichen Abenteuerlustig-Protagonisten mit diesem Wort hausieren.
Für die erste Folge von Abenteuerlustig Tessin 2022 kann ich Entwarnung geben. Zwei Wort-Meldungen. Das ist okay.
Zumal das Vierbuchstabenwort aus dem Munde von Zucco kommt und wohl als ehrliches Kompliment gemeint ist.
Kollega Nik Hartmann macht seine Sache als Kanute in den Stromschnellen des Ticino wirklich gut und trägt massgeblich dazu bei, die gestellte Aufgabe zu erfüllen. Was ihm seitens Zucco (aus dem Kanu gefallen) ein zweimaliges G-Kompliment einträgt: Geile Siech!
Abenteuerlustig Tessin: Mitfühlen und Fremdschämen
Der Serien-Plot, den beiden Protagonisten auf einer TV-Reise Aufgaben zu stellen und diese dann als leicht konsumierbare TV-Erlebnisse zu servieren , funktioniert auch in der dritten Ausgabe wie gehabt.
Womit der TV-Sender 3+ beim Publikum den gewohnten Effekt erreicht: Abenteuerlustig vermittelt seinen Zuschauern ein wohliges Seh-Erlebnis aus Spass und Entdeckerfreude, aus Mitgefühl und Fremdscham.
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Zur AnmeldungMitfühlen dann, wenn Nik und Zucco eine Berghütte putzen oder als Kanu-Laien in die Stromschnellen müssen.
Fremdschämen dann, wenn die beiden Compagnons eine kürzestfristig neu erlernte Fertigkeit vor Publikum vortragen sollen. In der ersten Folge von Abenteuerlustig Tessin müssen Hartmann und Zuccolini im Gewand der Napoleonischen Milizen in Bellinzona trommeln. Die beiden sind sich wirklich für nichts zu schade.
Bromance okay, aber bitte Längen ausmerzen
Abenteuerlustig ist und bleibt eine aussergewöhnliche Reisesendung. Wo andere Sender Romance auf Hawaii zeigen, zeigt diese Schweizer Produktion Bromance in Curzútt. Ja, auch das liegt auch im Tessin.
Gegen Bromance in der Schweiz habe ich nichts. Aber auch in der dritten Staffel schleichen sich wieder Längen ein. Episch lange will niemand zuschauen, wie Nik und Zucco eine Hütte inklusive WC putzen. Oder sich in Stromschnellen abplagen. Oder vor Publikum trommeln. Etwas mehr Tempo wäre dem Sehvergnügen dienlich.
Abenteuerlustig Staffel 3 Tessin: Bewertung und Fazit
Fazit der ersten Folge der dritten Ausgabe also: Die erste Folge von Abenteuerlustig Staffel 3 ist über weite Strecken geglückt.
Es gibt neue Flecken der Schweiz zu entdecken. Der touristische Sponsoring-Effekt ist nicht unerträglich. Eine Länge ist eliminiert.
Aber andere Längen bleiben. Und: Liebe Leute vom Sender 3+, lasst die Stimme aus dem Off nächstes Mal bitte zu Hause. Endgültig. Grazie.
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