Seite wählen
Home 9 Flugreisen 9 Meilen sammeln (II): «Eisenbahn Sammelsysteme werden wir bestimmt noch mehr sehen»

Meilen sammeln (II): «Eisenbahn Sammelsysteme werden wir bestimmt noch mehr sehen»

Datum

29. Januar 2020

Kategorie

Kommentare

Home 9 Flugreisen 9 Meilen sammeln (II): «Eisenbahn Sammelsysteme werden wir bestimmt noch mehr sehen»

Meilen sammeln (II): Ravindra Bhagwanani erklärt, wie man Vielfliegerprogramme am besten nutzt. Was man nie tun darf und wie viele Loyalitätsprogramme er als Meilen-Guru selber benutzt.

Herr Bhagwanani*, vor einer Woche haben wir gelernt, dass es über 220 Meilensammelprogramme gibt. Gibt es so etwas wie ein bestes Airline-Meilensammelprogramm?
Ja, das gibt es. Es ist aber stark von der individuellen Situation, beziehungsweise dem persönlichen Reiseverhalten abhängig.

Die meisten Internaut-Leserinnen und Leser leben in der Schweiz, Deutschland und Österreich, also dort, wo sich die Heimatflughäfen von Swiss, Lufthansa und AUA befinden, somit in den Stammlanden des Vielfliegerprogramms Miles & More. Ist also Miles & More immer die beste Wahl?
Bezüglich der Airline-Qualität macht man da sicher nichts falsch. Swiss ist eine erstklassige Fluggesellschaft. Und Lufthansa ist – wenn nicht gerade gestreikt wird – auch ganz gut. Man ist also auf dem richtigen Weg, wenn man mit Swiss, Lufthansa und AUA fliegt und Mitglied von Miles & More ist. Aber man macht etwas falsch, wenn man nur mit Miles & More Meilen sammelt.

Das müssen Sie erklären.
Es ist ein vielverbreiteter Irrtum, wenn Leute glauben, dass man mit Swiss oder Lufthansa nur  im Miles-&-More-Programm Meilen sammeln kann. Swiss macht in insgesamt 23 Meilensammel-Programmen mit, bei der Lufthansa sind es sogar 24. Es kann also beispielsweise durchaus Sinn machen, sich im Programm von Singapore Airlines einzuschreiben, mit der Swiss zu fliegen, aber die Meilen im Programm von Singapore Airlines zu sammeln.

Ravindra Bhagwanani: Ratgeber-Interview Meilen Sammeln auf Reiseblog derinternaut.ch
Meilen sammeln. Aber mit System. Rät Meilenberater Ravindra Bhagwanani. (Bild: zvg)

Weshalb sollte man das tun?
Weil man so zwar mit der üblichen Airline fliegt, unter Umständen aber in einem anderen Programm sehr viel mehr Vorteile hat als im angestammten System, in diesem Falle also Miles & More.

Klingt ganz schön kompliziert. Wann macht das Sinn?
Das hängt, wie schon erwähnt, ganz vom persönlichen Reiseverhalten ab, von der gewählten Klasse und vor allem auch von der Idee, was man denn mit seinen gesammelten Meilen anstellen will.

Wer mit Swiss, Lufthansa und AUA nur im Miles&More-Programm Meilen sammelt, macht etwas verkehrt?
Ich würde es anders sagen: Wer dies tut, hat schon verloren.

Was muss man tun, um zu den Gewinnern zu gehören?
Zum Beispiel eine individuelle Analyse erstellen lassen. Bei uns gibt es das für 129 Euro. Grundsätzlich ist die Sache ja einfach: Beim Meilensammeln geht es für den Kunden um zwei Dinge: Earn and Burn. Earning bedeutet das Sammeln von Meilen, Burning der Einsatz davon. Wer die Sache vom Ziel – also vom Burning her  – andenkt, weiss relativ bald, wie er sich beim Earning verhalten muss. Und da gibt es eben grosse Unterschiede, von Programm zu Programm.  Und für Vielflieger kommt natürlich die Frage des Elitestatus hinzu.

«Wer die Sache vom Ziel – also vom Burning her – andenkt, weiss relativ bald, wie er sich beim Earning verhalten muss.»

Ravindra Bhagwanani, Meilenberater

Der Mechanismus, den Sie für Miles & More beschreiben – also Flüge in einem anderen System gutschreiben zu lassen: Ist das etwas Spezifisches für nur dieses System? Oder gilt das für andere Airline-Vielfliegerpogramme ebenso?
Das gilt tendenziell für viele, aber in Fällen von beispielsweise Air France/KLM oder British Airways, wo die Programme an und für sich attraktiver gestaltet sind, kommt es doch häufiger vor, dass man bei Flügen mit diesen Gesellschaften am besten mit deren eigenen Programm fährt. Während wir Swiss-/Lufthansa-Kunden in 98 Prozent der Fälle empfehlen, andere Programme als Miles & More zu nutzen, liegt dieser Wert bei anderen Gesellschaften oft unter 50 Prozent – aber trotzdem auch deutlich über null.

Zurück in die Internaut-Stammlande: Halten Sie Miles & More für ein gutes Programm?
Jein. Manche Dinge, etwa das Themen Meilenverfall und Anzahl Meilen, die es für einen Freiflug braucht, sind grottenschlecht. Andere Dinge wieder sind besser gelöst. Die höchste Statusklasse etwa, der sogenannte HON-Circle, bietet sehr viel, in einigen Punkten sogar viel mehr als andere Programme.

Kommen wir zu den ewigen Mythen: Meilen kann man nicht nur für Freiflüge und Upgrades einsetzen, sondern auch für Sachartikel wie etwa Kopfhörer, Koffer oder Wein einlösen. Mythos 1: Das lohnt sich nie, weil diese Artikel stets überteuert sind. Richtig oder falsch?
Absolut richtig. Die Preise in diesen Meilen-Shops sind nur eines: Gugus. Oder auf Hochdeutsch: Abseits jeglicher Realität, weil man dafür nur einen mickrigen Gegenwert pro Meile erhält.

Mythos 2: Wer online einen Flug bucht und sein Meilen-Profil eingibt, läuft Gefahr, einen zu hohen Preis zu bezahlen. Weil die Airline-Systeme Vielflieger erkennen und ihnen mehr Geld abknöpfen. Richtig oder falsch?
Das ist immer wieder zu hören und wohl nicht ganz von der Hand zu weisen. Belegen kann man es nicht zu hundert Prozent, aber es gibt Indizien, die in diese Richtung weisen.

Wir sprechen hier meist nur von Airlines, Sie listen auf Ihrer Website aber weltweit auch 16 Meilenprograme von Eisenbahnen auf. Wie hat sich diese Zahl entwickelt?
Auch diese Zahl wächst ständig. Die Bahn steht immer stärker in Konkurrenz zu den Airlines; Loyalitätsprogramme können ein Argument zum Umsteigen sein. Bezüglich Eisenbahn-Meilensammelsysteme werden wir bestimmt noch mehr sehen.

Meilen Sammeln: Bonus-Systeme  werden bei der Eisenbahn wichtiger. Interview mit Meilenberater Ravindra Bhagwanani auf Reiseblog derinternaut.ch
Meilen sammeln per Bahnreise: Da rollt etwas an. (Bild: Pixabay)

Die Deutsche Bahn führt mit BahnBonus ein solches Programm. Könnte das auch für die Schweizer SBB interessant sein?
Vordergründig eher nicht, weil das Land so klein ist, dass Inlandflüge nicht attraktiv sind und also keine Konkurrenz zur Bahn darstellen. Auf der anderen Seite wächst natürlich der grenzüberschreitende Bahnverkehr, und das Argument des Datensammelns ist bestimmt auch für die SBB interessant. Ich könnte mir vorstellen, dass es für die SBB interessant sein könnte, zusammen mit einer Kreditkartenfirma ein Loyalitätsprogramm aufzuziehen.

Wäre es auch vorstellbar, dass Bahnsysteme und Airlines gemeinsame Kundenbindungsprogramme auflegen würden?
Das würde wohl eher auf eine Partnerschaft zwischen einer Bahnhgesellschaft und einem Vielfliegerprogramm hinauslaufen. Solche Modelle gibt es teilweise schon. Auch gibt es Bahnprogramme, bei welchen man Punkte in Vielfliegermeilen konvertieren kann. All dies hängt auch mit der Konkurrenzsituation zusammen. Aber grundsätzlich ist die Zusammenarbeit zwischen Eisenbahnen und Fluggesellschaften im Bereich der Kundenbindungsprogramme bisher sehr beschränkt.

Newsletter abonnieren

Jede Woche die neuste Blog-Post des Internauten im Postfach. Du kannst den Newsletter hier abonnieren und jederzeit wieder abbestellen.

Zur Anmeldung

Bei wie vielen Systemen macht eigentlich der europäische Meilenpapst mit?
Eingeschrieben bin ich bei über 50 Systemen; aktives Earning and Burning betreibe ich bei etwa einem Dutzend.  

Gibt es so etwas wie eine Empfehlungs-Triole für Vielflieger bezüglich Loyalitätsprogrammen?
Aber sicher. Empfehlung eins: Trennen der genutzten Fluggesellschaft und des genutzten Programms. Zweitens: Wie bei der Kapitalanlage gilt auch hier: Nicht alle Eier ins gleiche Nest. Man sollte die Programme wirklich nur dort nutzen, wo sie ihre Stärken haben. Es kann also sein, dass man zwar eine Miles & More-Kreditkarte nutzt, sich seine Swiss- oder Lufthansa-Flüge aber in einem anderen Programmes eines Star-Alliance-Partners gutschreiben lässt. Und drittens: Es lohnt sich, die verschiedenen Programme zu vergleichen.

* Der gebürtige Schweizer Ravindra Bhagwanani, 50, gründete 1996 seine Firma Global Flight, die Firmen und Privatpersonen bezüglich Reise-Kundenbindungsprogrammen berät. Bhagwanani gehört in Europa zu den Pionieren dieses Metiers; heute ist sein ursprünglich in Frankfurt gegründetes Unternehmen im französischen Plaisance du Touch domiziliert, in der Nähe von Toulouse.

Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

[email protected]

Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

Kommentare

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert