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Home 9 Tourismus 9 Club Med: Der Cluburlaub Pionier und seine holprige Reise

Club Med: Der Cluburlaub Pionier und seine holprige Reise

Datum

28. Januar 2024

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Home 9 Tourismus 9 Club Med: Der Cluburlaub Pionier und seine holprige Reise

Der Club Med war ein Gamechanger des Tourismus. Was macht ihn so speziell? Eine kurze Ferienformel-Geschichte, Ups und Downs all-inclusive.

Die News traf mich aus heiterhellem Ferienhimmel: Dem Club Med, hiess es im Januar 2024, liege seitens der Schweizer Firma Maus Frères ein Kaufangebot vor.

Dem verschwiegenen Genfer Unternehmen gehören unter anderem die Manor Warenhäuser und die Marke Lacoste (ja genau, die mit dem Krokodil). Aber touristisch war bei Maus bisher wenig los.

Club Med Kani Malediven, Sicht über das türkisfarbene Meer und die einzelnen Overwater Bungalows
Club Med Resort Kani auf den Malediven: Schöne Aussicht – bald auch für Maus Frères? (Unsplash)

Kaum hatte ich mir die Augen fertig gerieben, kam auch schon eine Bestätigung. Fosun, die chinesische Besitzerin des Club Mediterranée, so hiess es offiziell, habe ein Kaufangebot von Maus abgewiesen.

Also aus die Maus? Mais non. Man sei weiterhin in Gesprächen, hiess es seitens des Club Méditerranée.

Die Franzosen als Pioniere des All-inclusive

Warum eine Schweizer Firma sich den Club Med einverleiben will und warum das französische Unternehmen oder allenfalls Teile davon zum Verkauf stehen – dazu später.

Zunächst möchte ich ergründen, warum dieses Touristik-Marke seit Jahrzehnten einen so starken Namen hat, wie der Club Med zu seinem Kult-Status und immer mal wieder aus der Spur geraten ist.

Club Med 2, die Segelyacht des Club Mediterranee
Auch Kreuzfahrten per Clubschiff gehören zum Touristikkonzern. Hier die Fünfmast-Segelyacht Club Med 2. (Shutterstock)

Wenn es um die Pionierleistung der Club Méditerranée S.A. geht, wird meistens hervorgehoben, dass dieses französische Unternehmen bereits 1950 die Ferienformel des Cluburlaub in ungezwungener bis enthemmter Stimmung erfunden und dazu den Arrangement-Typus All-inclusive (französisch: séjour tout compris) eingeführt hat. Also: Einmal bezahlen – und dann im Resort praktisch unbeschränkt alles zur Prepaid Flatrate konsumieren.

Weil das Unternehmen von Beginn weg und bis heute auf ein vielfältiges Sportangebot setzt, schreibt es sich selber gerne den Titel als «grösste Sportschule der Welt» zu.

Die Gentils Organisateurs machen den Unterschied

All-inclusive und vielfältiges inkludiertes Sportangebot – das kann man sicher zu den Pionierleistungen des Club Med zählen. Für mich aber gibt es ein weiteres wegweisendes Merkmal des Cluburlaub-Erfinders. Die Mitarbeitenden der Firma, die sogenannten Gentils Organisateurs (G.O.).

«Der Gast ist König» – so galt das in der Hotellerie jahrzehntelang. Als der Club Med 1950 seinen ersten Betrieb öffnete (siehe auch Firmenbox), hob er die Trennung zwischen Bedienten und Bedienenden (mindestens formell) auf. Neuer Merkspruch: Gastgeber und Gast sind Kumpel. Oder copains.

Club Med warum die Gentils Organisateurs so wichtig sind, Reiseblog der Internaut zeigt Bild des Club Méditerranée S.A. in Rio de Janeiro mit Gästen und G.O am und im Swimming Pool. Bild von Shutterstock.
Gäste und Gentils Organisateurs im Resort Mangaratiba, Rio de Janeiro. (Shutterstock)

Konkret bedeutet das: Der G.O. ist nicht nur Tauchlehrerin, Animateur oder Yoga-Coach; sie oder er setzt sich auch mal ganz spontan zu den Gästen (die hier «gentils membres» oder G.M.» heissen).

Das kreiert eine ganz eigene Ambiance in den Hotels, Gast und Gastgeber begegnen sich quasi auf Augenhöhe. Diese unaufgeregte Nähe zum Gast (so von diesem gewünscht), sorgt für eine unkomplizierte Atmosphäre. Ein Merkmal, das so später auch von anderen Clubferien-Anbietern übernommen wurde, aber als Pionierleistung in aller Regel eben doch dem Club Med zugeschrieben wird.

Der französische Touristikkonzern konnte dieses Merkmal – Nähe zum Gast – auf ein grosses Netz von Hotels und Resorts umsetzen. Angestellte, die auch mal sehr individuell auf den Gast eingehen können, das kannte man zuvor eher von kleinen individuellen Betrieben. Der Lifestyle – oder das Savoir Vivre – das macht die Marke aus.

Club Med Logo. Der französische Clubferien-Pionier gehört heute noch dem chinesischen Mischkonzern Fosun, aber es gibt Gerüchte, dass die Schweizer Maus Freres den Club Med übernehmen will.
Club Med: Logo mit dem legendären Trident Dreizack. (Shutterstock)

Club Med: Kurze Geschichte einer Legende

Gegründet wurde das Unternehmen vom Belgier Gérard Blitz, der 1950 in ausrangierten Armeezelten eine erste Clubanlage in Alcúdia auf Mallorca eröffnete. Später wurde die Firma vom französischen Unternehmer Gilbert Trigano kommerziell gross gemacht.
Heute gibt es rund 70 Anlagen in über 30 Ländern, eine davon auch in der Schweiz, in St. Moritz. Seit 2015 gehört das Unternehmen der chinesischen Fosun Tourism Group. Chef des Club Med ist seit 2002 der Franzose Henri Giscard d‘ Estaing, Sohn von Valerie Giscard d‘ Estaing, der von 1974 bis 1981 Staatspräsident von Frankreich war.

Über die Jahre erlebte der französische Pionier des Cluburlaubs eine Vielzahl von Höhe- und Tiefpunkten. Phasen grosser Erfolge wechselten sich ab mit Zeiten von hohen Verlusten und Re-Positionierungen, meist in einer Form nach oben, mit Villas, Resorts und Chalets im höherpreisigen und exklusiven Premium und Luxus Segment .

Wirtschaftliche Schwierigkeiten ergaben sich nicht nur durch grosse touristische Krisen wie etwa 9/11 oder Corona, sondern auch durch eine Vielzahl von Mitbewerbern im Cluburlaub, wie etwa dem Robinson Club, einem Tochterunternehmen des deutschen Konzerns TUI. Dort gibt es in der Figur des gästenahen Animators namens Robin quasi ein Pendant zum G.O.

Was die Gerüchte über eine Übernahme zusätzlich nährt: Die Club-Med-Mutterfirma Fosun International hat eine sehr schwierige Zeit hinter sich. Dabei kam es auch zu Verkäufen aus der Touristik-Sparte. 2023 etwa wurden die Thomas-Cook Hotelmarken Casa Cook und Cook’s Club an die Immobiliensparte der US-amerikanischen Grossbank Goldman Sachs verkauft.

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Club Med und Maus Frères: Wie geht es weiter?

Könnte es wirklich sein, dass der französische Urlaubs-Pionier nach einer ersten Abfuhr doch in die Hände von Maus gelangt und damit Schweizerisch wird? Von Leuten, die Leute kennen, die nah dran sind an der Sache, höre ich: Die chinesischen Besitzer wollten 30 Prozent der Firma verkaufen – aber wenn jemand käme, der gleich den ganzen Club haben wolle, sei das – so man sich finanziell einig werde – nicht ausgeschlossen.

Gut möglich sei aber auch, dass die legendäre französische Marke an Übernahmewillige aus dem touristisch aufstrebenden Saudi-Arabien oder an Staatsfonds, zum Beispiel jenen von Singapur oder Katar gehen könnte. Cluburlaub könnte auch Investoren aus anderen Feldern wie etwa der Luxusbranche interessieren.

Manor-Besitzerin hat einen langen Schnauf

Was aber für Maus Frères spricht: Die Schweizer hatten schon vor über zehn Jahren beim Kampf um Lacoste gezeigt, dass man mit langem Schnauf dranbleibt an einem Thema, wenn es denn als heiss genug eingeschätzt wird. Die Modemarke Lacoste, die ebenfalls Ups und Downs durchgemacht hat, von Maus aber wieder als begehrenswert positioniert wurde, könnte auch ein Grund für die Genfer Lust auf den Club Med sein. Mit dieser nach wie vor funkelnden Marke könnte Maus anstreben, im Freizeit und Reisebereich weiter zu wachsen.

Urlaub gönnt sich Maus da wohl nicht so schnell. Gut möglich, dass die Genfer Manor-Besitzerin weiter mit Fosun um den Ferienanlagenbetreiber verhandelt. Denkbar, dass die Schweizer ihr Angebot für eine Übernahme oder einen (ersten) Teil des Clubferien-Pioniers nachbessern. Da würde ich aktuell einmal sagen: Affaire à suivre.

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Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

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Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

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