Action und Speed, Herz und Schmerz: So funktionieren Kinofilme meist. «Chumm mit» läuft anders. Lohnt sich der Marsch ins Kino für den Schweizer Wanderfilm?
Da ist kein Filmkuss, da ist keine Dramakurve. Ausserirdische, Autoverfolgungsjagden, atomkoffertragende Superschurken? Hat in diesem Film keinen Platz.
Der Schweizer Kino-Dokumentarfilm, über den wir hier sprechen, wählt sich eine Route abseits von Action-Genre und Arthouse-Kino. «Chumm mit» will nur eines sein: Der Schweizer Wanderfilm.
Nun ist es natürlich so, dass die Great Outdoors, Berge, Wälder, Abgründe und alle (Jakobs)-Wege zu sich selber immer mal wieder eine Rolle spielen im Kino.
Meist sind solche Filme emotional zugespitzt. Schon im Trailer tun sich Abgründe auf, Menschen geraten in Bergnot, versteigen sich irgendwie, müssen im Outodor-Thriller cliffhängend in fürchterlichen Schluchten ausharren oder stellen ihre Freundschaft per dramatischer Seilschaft auf die eiskalt-ultimative Probe.
Chumm mit dagegen ist filmisches Baldrian. Kino mit Bodenhaftung. Mit dieser Storyline: Schweizerinnen, Schweizer und ein Deutscher wandern durch die Schweiz.
Chumm mit: Mag man Wandernden beim Wandern zusehen?
So fragte sich der Internaut, der selber auch ganz gerne mal in der Natur losmarschiert. Aber statt ins Lichtspieltheater wanderte ich anfangs März leider schnurstracks in die Corona-Isolation.
An meiner Stelle setzte sich Sabín Stettler Güntert ins Kino, wo auch das Team um Filmemacher Daniel Felix, Sohn der 2012 verstorbenen Schweizer TV-Legende Kurt Felix, zugegen war. Hier gehts zur Filmkritik der Internautin, abgearbeitet an sieben Frage-Wegweisern.
Leuten beim Wandern zuschauen – ist selber Wandern nicht besser?
Kann schon sein. Aber das eine muss das andere ja nicht ausschliessen.
Was den Wanderfilm Chumm mit ausmacht, sind eindrückliche Bilder, Nahaufnahmen von Bienen, Blumen, Disteln, dazu spektakuläre Luftaufnahmen.
All dies garniert mit der Geschichte der Schweizer Wanderwege, die sich über 65 000 Kilometer erstrecken.
Was mich als Pädagogin natürlich gefreut hat zu lernen: Die Grundgedanke der original helvetischen Wanderwege stammt von Lehrer Johann Jakob Ess. Ihm kam anfangs der 1930er Jahre auf einer Schulreise die Idee, Wege für Wanderer zu markieren.
Was ist das Story-Gerüst von Chumm mit?
Die Wanderwege der Schweiz werden von rüstigen Wandergrüppchen in 26 Wanderungen abgewandert, je eine Tagestour pro Kanton. Oft an Orte, die nicht zu den bekanntesten Zielen zählen.
Auf dem Beringer Randenturm im Kanton Schaffhausen war ich jedenfalls noch nie.
Typisch eidgenössisch ausgewogen wurde bei den 26 Wanderungen jeder Kanton gleichberechtigt behandelt. Jede Kantonswanderung beansprucht zwei Minuten.
Wandern beispielsweise im Kanton Basel-Stadt? Ja, auch das geht. An Entdeckungen jedenfalls ist dieser Dokumentarfilm reich.
Ist das nicht so, wie wenn man im Kino andern beim Essen zusieht?
Bei «La Grande Bouffe» (das grosse Fressen) haben ja viele Menschen genau das im Kino getan. Aber Chumm mit ist natürlich viel harmonischer geartet.
Der Film ist gut rhythmisiert, kommt auch mal mit Wander-Sequenzen ohne Kommentar daher und ist da und dort mit humoristischen Einlagen gewürzt.
Wenn man nun diesen Film partout mit dem Thema Essen vergleichen möchte, dann vielleicht so. Statt neuer Rezepte lernt man viele Gegenden und Wanderungen kennen, von denen man als Hobby-Wandererin kaum gewusst hat.
Etwa der Walliser Lac Mauvoisin. Oder die eindrückliche Ostschweizer Hängebrücke, die in 40 Metern Höhe über den Mattenbach führt. Von Grub AR nach Grub SG.
Bietet Chumm mit wirklich zero Drama?
Abgesehen von dramatisch schönen Naturaufnahmen – eher nicht. Wobei: In einer Szene werden ein paar Kartoffeln gestohlen.
Aber dramatischer wird es tatsächlich nie. Muss es auch nicht. Psychologisch betrachtet bedeutet Wandern ja, dass man zu Fuss zu sich selber kommt. Da ist es. Nicht mehr. Und nicht weniger.
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Zur AnmeldungKitsch-Alarm: Ist der Wanderfilm bloss eine Bewegtbild-Postkarte der Schweiz?
Ja, in einem gewissen Sinne schon – aber ohne dass irgend etwas beschönigt wird.
Neben Sonnenschein haben auch Nebel, Schnee und Regen ihren Auftritt.
Ist man nach dem Film outdoor-mässig bewandert?
Man erhält bestimmt einen guten Eindruck der Vielfältigkeit der hiesigen Wanderwege. Und entdeckt Gebiete, in denen man noch nie war.
Inklusive Einblicke in ein Gebiet, von dem wohl nur eingeweihte Outdoor-Profis etwas wissen.
Ganz genau, die Produktion der charakteristischen gelben Wegweiser. Plus natürlich, was die einzelnen Farben der verschiedenen Wegweiser bedeuten.
Möglicherweise ist auch das Thema der Wartung der Wanderwege, komplett mit Teleskop-Wischmop und Spray, nicht sehr aufregend. Aber wissenswert allemal.
Macht der Wanderfilm Lust aufs Wandern?
Ja, das macht er. Definitiv.
Zumal auch musikalisch einiges drinliegt. Das Stück «Hinderem Berg» von Michael von der Heide zieht sich durch den ganzen Film. In einer Szene kommt der Schweizer Sänger der Wandergruppe entgegen.
Was mir als Fan von Michael von der Heide natürlich sehr entgegenkommt.
Wandern ist eine tolle Sache, es gibt dabei meist so viele schöne Dinge zu entdecken und kann die Natur geniessen. Verbunden mit einem Aufenthalt in einem nahe gelegenen Wellnesshotel ist es eine tolle Mischung aus Aktivität und Entspannung.