Level 52 (I): Wie man eine Sprachreise ü50 überlebt, wenn alle anderen im Klassenzimmer jünger sind. Und besser.
Wofür sind eigentlich all die verschiedenen Sprachen gut? Vor ein paar Jahren hat mir das mal ein mexikanischer Spanisch-Maestro so erklärt: «Englisch ist die Sprache fürs Business. Französisch die Sprache für die Küche. Deutsch wurde gemacht für die Polizei, und Italienisch ist die Sprache der Liebe.»
Und Spanisch? «Spanisch», sagte der 1.60 Meter grosse Mann und plusterte sich würdevoll auf, «Spanisch ist die Sprache, um mit Gott zu reden.»
Gott ist anspruchsvoll. Wer in einer solchen Unterhaltung mehr verhandeln möchte als nur Banalitäten, muss sich gut auf eine Sprechstunde vorbereiten.
Ich weiss das sehr genau. Nicht weil ich schon solche Gespräche mit Ihm geführt hätte – sondern weil ich aktuelll in meinem geliebten Valencia an meinem Spanisch arbeite.
Sprachreise ü50: Wenn der letzte Sprachkurs schon 25 Jahre her ist
Die Sprache wartet mit einigen Feinheiten – manche sagen auch Fiesheiten – auf. Wann sagt man «para», wann heisst es «por»? Wie ging das schon wieder mit dem Subjuntivo? Das Verb «sein» kann man mit «ser» übersetzen, aber auch mit «estar».
Wann setzt man «ser» ein? Und wann «estar»? Das alles und noch einiges mehr will ich hier auffrischen.
Der letzte Spanisch-Sprachkurs ist nämlich schon ein Weilchen her. 25 Jahre, um genau zu sein.
Ich beschäftige mich also damit, im International House Valencia Dinge zu lernen, die ich schon einmal hätte können sollen. Ich will an dieser Stelle nicht erzählen von meiner bedingungslosen, überlebensgrossen und vollumfänglichen Valencia-Verknalltheit.
Dazu vielleicht ein anderes Mal. Heute rede ich lieber über meine Klasse.
Zwei Feststellungen im Sprachkurs
Natürlich können einem in einer Sprachschulklasse eine ganze Menge Dinger auffallen. Welcher Schüler besonders verschlafen eintrudelt, beispielsweise.
Oder wer seine Hausaufgaben wirklich gemacht hat. Oder wer besonders viel mit seiner Freundin (oder ihrem Freund) daheim telefoniert – und wer nicht. Bezüglich der heutigen Affiche ü50 fallen mir aber besonders diese zwei Dinge auf.
Alle im Klassenzimmer sind jünger als ich
Einige meiner Kameradinnen und Kameraden könnten nicht nur meine Kinder sein. Sie sind oft auch jünger als meine Kinder.
Klar, es macht natürlich Spass, für einmal mit Vertreterinnen und Vertretern der Generation Y (Millenials) und Generation Z im gleichen Rauf zu büffeln. Aber jetzt kommt Feststellung número dos.
Das Jungvolk ist brillant unterwegs
Pfiffige Leute sind das, die blitzschnell kombinieren, sich verblüffend gut auskennen im Labyrinth der Grammatik und auch mal angeregt mit der Maestra über eine Präposition diskutieren.
Über eine Präposition notabene, von deren Existenz ich nichts gewusst habe. Mindestens nicht in den ersten 52 Jahren meines Lebens.
Eleven aus vier Kontinenten
In der Klasse sitzen Eleven aus vier Kontinenten. Die Europäer sind durch das Erasmus-Programm schon viel herumgekommen. Gestählt durch die Bologna-Reform wissen sie, wie man schnell und nachhaltig Lernerfolge erzielt.
Die Leute aus Übersee sind ebenfalls tüchtig – vielleicht angetrieben von Tiger-Müttern und Stachanow-Vätern?
Ich weiss es nicht. Was ich weiss: In dieser Klasse mitzuhalten ist eine Challenge. Diese Kids sind auf Zack.
Oder bin ich vielleicht nicht mehr so auf Zack? Mit 52 – «Level 52» pflege ich auf die Frage nach meinem Alter zu antworten – ist die Festplatte halt schon ein gutes Stück voller als jene der Kids.
Die Response-Zeit leidet etwas. Die Jungen sind sich lange Aufenthalte in Klassenzimmern und Auditorien gewohnt, ich hingegen ermatte recht zuverlässig nach 20 Minuten.
Sprachreise ü50: Lernstrategien, um mithalten zu können
Im Unterricht geht es im flotten Tempo vorwärts, und bei nur zehn Schülern ist die Chance gross, dass man jeden Moment um eine profunde Stellungnahme gebeten wird. Wie überlebt man das? Ich habe mir eine Survival-Strategie zurechtgelegt, die aus dem alten Jahrtausend stammt: Warte, lose, luege, laufe.
Auf die Klassen-Situation übertragen heisst das: Ich höre eher einmal zu, als mich in jede Diskussion einzubringen. Das gibt mir Zeit, Wörter und Wendungen nachzuschlagen. Wenn ich etwas nicht ganz raffe (sagt man das heute noch?), mache ich mir Notizen, um das Thema später zu vertiefen.
Ich limitiere aber die Zahl dieser Aufgaben auf drei pro Lektion, um mich nicht unter Druck zu setzen. Wenn es sich machen lässt, setze ich mich vor und nach der Lektion an einen gesonderten Ort, um Lerneinheiten zu vertiefen.
Sprachaufenthalt ü50: In der Klasse. Und ausserhalb der Klasse
Dabei verfolge ich eine klar definierte bipolare geografische Strategie.
Am zweitliebsten setze ich mich auf eine Bank in den grandiosen, sieben Kilometer langen Stadtpark von Valencia, die Jardines del Turia.
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Zur AnmeldungAm liebsten aber gehe ich ins Open-Air-Sprachlabor. Wie das genau funktioniert und welche drei Erfolgsstufen man per Freiluft-Learning erklimmen kann, erzähle ich hier.
Plus, natürlich: Wo ich mich bezüglich dieser drei Stufen am liebsten positioniere in Valencia.
Altwerden ist wie auf einen Berg steigen. Je höher man kommt, desto mehr Kräfte sind verbraucht, aber um so weiter sieht man.
Ingmar Bergman
Ja, lieber Internaut…..es ist so ein Ding mit dem Aelterwerden…..zum Glück gehts den meisten alten „Säcken“ unter uns genau so…..
Kompliment zu Deinem süffigen Bericht, hab ihn mit Genuss und Schmunzeln gelesen…..
Ciao Andreas
Toll, von deinem Sprachaufenthalt zu lesen. Hier ein paar Lerntipps, damit du mit den Young-Guns besser mithalten kannst 🙂
– Finde heraus, welcher Lerntyp du bist. Eher auditiv? Oder visuell? Bevorzuge entsprechende Methoden
– Bau dir möglichst irrsinnige Eselsbrücken, um dir komplizierte Ausdrücke besser merken zu können
– Durch Repetition kannst du Gelerntes besser behalten, also am besten gleich in der Freizeit anwenden, was du in der Schule gelernt hast
– Mehrere kurze Lerneinheiten und Repetitionen sind besser als wenige lange
Und der beste Tipp zum Schluss:
– Das Gehirn kann Gelerntes besser speichern, wenn nach der Lernphase eine Ruhephase folgt
Also: Freizeit nicht vergessen 🙂
Auf unserer Website findest du weitere interessante Lerntipps, auch spezifische fürs Spanischlernen:
http://www.businessclass.ch/tips-and-tricks/sprachenlern-tipps.htm
Weiterhin viel Spass in Valencia
Liebe Grüsse
Lukas