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Home 9 Reise-Startups 9 Twiliner-Gründer: «Unser Startup soll mehr sein als eine Buslinie»

Twiliner-Gründer: «Unser Startup soll mehr sein als eine Buslinie»

Datum

11. Juli 2025

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Home 9 Reise-Startups 9 Twiliner-Gründer: «Unser Startup soll mehr sein als eine Buslinie»

Das Schweizer Reisebus-Startup Twiliner erfindet die Nachtreise neu. Gründer Luca Bortolani sagt, wo das alles noch hinführen und hinfahren soll.

Twiliner will die Art verändern, wie wir in Europa reisen. Die Idee: Per Nachtbus und dies auf Sitzen, die sich in bequeme Betten verwandeln. Das ist die Vision von Luca Bortolani.

Der Zürcher Unternehmer, der einen Master in Economics der Universität St. Gallen in der Tasche hat, gründete Twiliner im Jahr 2021. Zuvor war der heutige Nachtbus-Unternehmer und Chef von Twiliner im Sustainability Department von Ikea Schweiz tätig.

Twiliner Nachtbus Premiere im Juli 2025 während Pressekonferenz auf dem Schiffbauplatz in Zürich, Schweiz.
Twiliner Nachtbus bei der Medien-Vorstellung im Juli 2025 auf dem Schiffbauplatz in Zürich. (Internaut)

Twiliner: Liegen statt fliegen in Europa

Die Grundidee des Schweizer Reise-Startups klingt einleuchtend: Wer in Europa nachhaltig reisen will, soll künftig statt dem Flugzeug (und als Alternative zum chronisch vollen Nachzug) auf Busreisen in der Nacht setzen.

Der Clou dabei: Der Nachtbus-Gründer hat einen Weg gefunden, Bussitze für den Nachtverkehr so bauen zu lassen, dass man sie – wie ein Sitz in der Business Class im Flugzeug – in eine flache 180-Grad-Position bringen kann. Will heissen: Passagiere können auf ihren nächtlichen Reisen durch Europa in Bortolanis Bussen schlafen.

Twiliner Nachtbus Liegesitz, Schlafkojen mit einem neuartigen Rückhaltesystem, eine Art Sicherheitsschalfsack, das für Sicherheit sorgen soll.
Liegesitz in einem der drei Twiliner-Busse: ein 180-Grad-Schlaferlebnis auf Nachtreise in Europa. (Bild: Ravasio Sina Lou)

«Liegesitze» lautet das Zauberwort bei dieser Art des Reisens. Oder «unique lie-flat seats», wie es im Twiliner-Eintrag in der US-amerikanischen Startup-Datenbank «Crunchbase» heisst.

Fünf Jahre Arbeit stecken in dieser ersten Bus-Variante. Viel Hardware-Arbeit und wohl noch viel mehr Überzeugungsarbeit (siehe auch Internaut-Startup-Fazit ganz am Schluss).

Ab Oktober 2025 Reisen nach Barcelona und Amsterdam

Wie anfänglich beim Schweizer Bahnreise-Startup Simpletrain ist auch bei Twiliner der Migros-Pionierfonds mit an Bord. Duttis Erben unterstützen Bortolanis europäischen Nachtsprung, um «das Angebot an nachhaltigen Reisemöglichkeiten» auszubauen.

Im Oktober 2025 soll der doppelstöckige Hotelbus des Jungunternehmens aus Zürich erstmals mit zahlenden Passagieren losfahren. Dies auf zwei Strecken: Einmal ab der Schweiz ab Zürich und Bern via Girona nach Barcelona. Und in nördlicher Richtung via Basel, Luxemburg, Brüssel und Rotterdam nach Amsterdam.

Dynamische Preise im Liegebus, nächste Destinationen angedacht

Die drei doppelstöckigen Liegebusse von Twiliner bieten Platz für je 21 Fahrgäste. Als Gepäck ist eine im Fahrpreis inbegriffene Allowance von einem grossen Koffer und einem Handgepäckstück vorgesehen.

Die Trips im Liege-Fernbus dauern je nach Destination zwischen 9 und 13 Stunden. Beispiel Barcelona: Ab Zürich beträgt die Fahrzeit zwölfeinhalb Stunden, ab Genf sind es rund neun Stunden.

Noch mehr Reise-Startups

Der Internaut hat ein Herz für touristische Startups. Als kritischer Sympathisant der Wirtschaft spricht er mit Gründerinnen und Gründern, die in der Reisewelt einen Unterschied machen wollen.

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Wie der Twiliner-Chef am Rande der Bus-Vorstellung im Juli 2025 in Zürich zum Reiseblog der Internaut sagte, sind für den Schlafbus nach Amsterdam, Brüssel, Girona und Rotterdam weitere Destinationen angedacht.

Spannend könnten etwa Rom oder Donostia San Sebastián sein, konkret schaue man sich auch London an. Klar ist: die Busse von Twiliner sollen über die Jahre stetige mehr Routen und Destinationen bedienen – und diese dann untereinander vernetzen.

Twiliner Preise: Ein Weekend-Trip ab 330 Franken

Die Preise für eine Fahrt im Schweizer Hotelbus Twiliner werden dynamisch an Auslastung, Nachfrage und Jahreszeit angepasst. Die Tickets sollen preislich im Bereich eines Nachtzugtickets liegen.

Die Preise pro einzelner Fahrt beginnen bei etwa 230 Franken. Es gibt unter der Bezeichnung «Early Bird Tickets» auch ermässigte Tarife für Frühbucher. Das Reiseportal «Travelnews» geht im Falle eines solchen früh gebuchten Wochenend-Ausflugs nach Barcelona von einem Ab-Preis von rund 330 Franken aus.

Luca Bortolani, Co-Gründer und Chef des Schweizer Busreise-Startups Twiliner: eine neue Alternative zum Reisen im Flugzeug in Europa
Twiliner-Chef Luca Bortolani im ersten Liege-Fernreisebus: «Wir denken, dass auch Geschäftsleute eine gute Zielgruppe sind.» (Internaut)

Welches Problem löst Dein Startup?

Wir lösen nicht nur eines, wir lösen gleich zwei Probleme. Das erste Problem ist ein ökologisches. Wir müssen weniger fliegen und es braucht nachhaltigere Alternativen. Die Twiliner-Nachtbusse bieten genau das. Und die Lösung zum zweiten Problem: Wir bringen Passagiere auf den Bus, die zwar den Nachtsprung lieben, aber bisher vor dem Problem standen, dass Nachtzüge ständig überbucht sind.

Wie tut Dein Startup das konkret?

Wir entwickeln besonders bequeme Nachtreisebusse, mit denen wir eine Liniennetz zwischen europäischen Metropolen betreiben möchten. Bequem, sicher, günstig.

Wie kam es zum Namen Deines Startups?

Der Name ist ein kleines Wortspiel, eine Mischung aus «Twilight», das für die abendliche Dämmerung steht und «Liner», womit ein Linienfahrzeug gemeint ist. Oder in unserem Falle eine Buslinie. Oder natürlich auch mehrere Buslinien.

Doppeldecker Nachtreisebus Twiliner mit Schlafkojen, Präsentation im Juli 2025 auf dem Schiffbauplatz Zürich, Schweiz, im Hintergrund der Prima Tower, höchstes Zürcher Hochhaus.
Liegen statt fliegen, erdgebundener Nachtsprung im Fernbus statt im Flugzeug: Das ist der Purpose der Twiliner Busse. (Ravasio Sina Lou)

Wie verdient der Schlafbus Twiliner Geld?

Zum einen natürlich mit dem Verkauf von Bustickets. Zum anderen überlegen wir uns, Zusatzdienstleistungen anzubieten. Neben Drinks und Snacks im Bus drin könnte das auch eine Zusammenarbeit mit Hotels sein, die unseren Passagieren bei Ankunft am Morgen eine Dusche und ein Frühstück anbieten. Unser Startup soll mehr sein als eine Buslinie – Twiliner soll sich zum Ökosystem entwickeln. Was auch bedeuten könnte, dass unsere Gäste per Zusatz-Service von externen Partnerbetrieben schon bei Ihrer Haustüre abgeholt– und an ihrer Destination zu Ihrer Unterkunft gebracht werden.

Wer ist die Zielgruppe Deines Startups?

Heute fahren meist junge Leute Bus, weil sie mit knappem Budget unterwegs sind. Oder dann ältere Menschen, die den Bus noch aus ihrer Jugend kennen. Zwischen diesen zwei Gruppen liegt grosses Potenzial. Wir wollen also die 30- bis 70-jährigen in unsere Busse bringen. Und denken, dass auch Geschäftsleute eine gute Zielgruppe sind. Deshalb werden wir ab Oktober 2025 neben Barcelona auch eine Bus-Linie einführen, die von der Schweiz nach Brüssel führt, wo die EU ihren Sitz hat. Das ist auch deshalb eine wichtige Destination, weil Flüge von der Schweiz nach Brüssel sehr teuer sind. Hier bieten wir eine gute Alternative.

Welches ist Eure grösste Herausforderung?

Zu Beginn geht es sicher einmal darum, unsere Dienstleistung und unseren Service ebenso verlässlich wie pünktlich und qualitativ hochwertig zu erbringen.

«Bis 2028 rechne ich mit 25 Destinationen in ganz Europa.»

Welches sind für Twiliner die nächsten Meilensteine?

Zunächst einmal das Crowdfunding, das wir in der zweiten Hälfte August 2025 starten und das uns 1.5 Millionen Franken Frischgeld einbringen soll. Und natürlich dann die ersten Busfahrten im Oktober, die ab der Schweiz nach Barcelona und, wie erwähnt, via Brüssel nach Amsterdam führen.

Welches war der bisher grösste Flop? Und was hast Du daraus gelernt?

Bei der technischen Entwicklung eines wichtigen Details haben wir viel Geld und Zeit verloren. Schliesslich fanden wir einen viel günstigeren und schnelleren Weg, um das Problem zu lösen. Rückblickend könnte man sagen, dass wir uns das zu Beginn besser hätten überlegen sollen.

Luca Bortolani, Co-Gründer und CEO des Schweizer Busreise-Startups Twiliner, das mit Schlafkojen und Liegesitzen eine neue Alternative zum Fliegen bieten will.
«Aktuell sind wir mit Diesel unterwegs. Lieber wäre mir das Thema E-Mobilität, aber dafür reicht heute die Reichweite noch nicht.» (Bild: Internaut)

Wie gross soll Dein Startup in drei Jahren sein?

Bis dann soll sich unser Streckennetz markant vergrössert haben. Bis 2028 rechne ich mit 25 Destinationen in ganz Europa. Vielleicht wird Twiliner bis dann auch mit verschiedenen Konzepten operieren, also zum Beispiel mit verschiedenen Klassen, die zum Beispiel ein einfacheres und ein luxuriöseres Reiseerlebnis bieten.

Wo steht Dein Startup in zehn Jahren?

Oh wow, das ist sehr weit weg, da fehlt mir heute eine Vision. Das Einzige, was mir jetzt dazu in den Sinn kommt, hat mit dem Treibstoff zu tun. Aktuell sind wir mit Diesel unterwegs. Lieber wäre mir das Thema E-Mobilität, aber dafür reicht heute die Reichweite noch nicht. Sollte die technologische Entwicklung hier aber grosse Fortschritte machen, könnte ich mir vorstellen, unsere Busse per Ende dieses Jahrzehnts von Diesel auf Strom umzustellen.

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Als ich im März 2021 in der «Handelszeitung» erstmals über die Schweizer Initiative für einen Nachtreisebus mit Liegesitzen schrieb, war der Begriff der «Furzidee» nicht weit weg. Mitten in der durch die Pandemie bedingte gigantische Reiseflaute kam da einer mit einem Vorhaben, das vielen Experten als sehr utopisch erschien.

Aber Luca Bortolani hat geliefert. Im Juli 2025 stellte er in einer Übersicht erstmals seinen innovativen Bus vor. Eine Utopie ist Wirklichkeit geworden. Oder mindestens der erste Teil davon: die Hardware. Wie gründlich da gearbeitet wurde, sieht man auch daran, dass seitens Twiliner zwei Patentanmeldungen vorliegen für das eigens entwickelte Rückhaltesystem. Im Fachjargon: Patente für den «Liegendtransport in Kraftomnibussen» oder kurz «Liege für ein Fahrzeug».

Twiliner braucht durchgängig hohe Auslastung

Der Beweis aber, mit dem Hotelbus wirtschaftlich reüssieren zu können, muss erst noch erbracht werden. Gegenüber der Fliegerei erscheinen die Preise (verständlicherweise) eher hoch, die Kapazität ist mit 21 Sitzen pro Bus sehr beschränkt, die Fahrzeiten sind naturgemäss eher lang.

Auf der anderen Seite ist zu sagen: Interieur, Platzverhältnisse, Liegesitz-Komfort und die hygienische Abteilung des Nachtbusses machen einen guten Eindruck. Das Team ist motiviert, das Reisebedürfnis ist ungebrochen, die Grundidee passt zum Zeitgeist. Der Liege-Fernbus macht im besten Falle umweltfreundliches Reisen attraktiv, zeigt eine neue Alternative zum Fliegen und sorgt so für einen positiven Impact in Sachen Klima.

Um aber Erfolg zu erzielen, müssen Bortolanis Doppeldeckerbusse wohl mit einer durchgängig hohen Auslastung durchs nächtliche Europa fahren. Und zwar auch und vor allem dann, wenn der Neuigkeitseffekt für die innovativen Nachtfahrten verpufft ist. Ob das gelingt? Der Internaut würde es Twiliner wünschen. Wichtiger aber: Der Internaut bleibt dran.

Crowdinvesting im September 2025

Per 19. September 2025 startet Twiliner ein Crowdinvesting. Das Jungunternehmen will dabei zwei Millionen Franken einsammeln.

Wie Co-Gründer Luca Bortolani der «Handelszeitung» sagt, sollen diese Mittel in einen «fulminanten Start» investiert werden: «Wenn die Erstfahrten Ende 2025 erfolgreich laufen, soll weiteres Geld in Weiterentwicklung der Liegesitze fliessen, in neue helle Köpfe, ins Marketing und in die Erweiterung des Streckennetzes.» 

Bett und Sitz im Schweizer Nachtbus Twiliner
Ich bin auch ein patentiertes Liegemöbel: Sitz und Bett im Schweizer Nachtbus Twiliner. (Bild: Remo Vettori)

News Update: Nachtbuslinie Twiliner verschiebt erste Fahrten auf Mitte November 2025

Wie der Internaut im Sommer 2025 erfährt, werden sich die ersten Abfahrten der Schweizer Doppeldeckerbusse verspäten. Der ursprünglich genannte Termin von Oktober lässt sich nicht halten.

Aufgrund einer Verzögerung eines Lieferanten mussten einige Fahrten abgesagt werden. Sehr gross fällt die Verspätung nicht aus. Zum Planungszeitpunkt per Ende August kalkuliert Twiliner-Chef Luca Bortolani etwas vorsichtiger und terminiert die ersten Fahrten und Routen auf Mitte November 2025.

Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

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Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

Kommentare

4 Kommentare
  1. Evelyne Furrer

    Was bedeutet Standard beim buchen?

    Antworten
    • Andreas Güntert

      Merci für Dein Feedback. Wo genau stösst Du auf das Wort «Standard» und in welchem Zusammenhang? Gruss, -andreas aka der Internaut-

      Antworten
      • Michael Genz

        Ich habe eine Frage für Sie:
        Ob Twiliner Schlafbus von Stuttgart Flughafen SAB nach Hamburg Flughafen und zurück nach Stuttgart Flughafen SAB wie Hinfahrt so frage ich Ihnen sehr freundlich mit Ihnen.
        Mit freundlichen Grüßen Michael Genz.

        Antworten
        • Andreas Güntert

          Hallo Michael, danke für Interesse und Anfrage. Zu Beginn wird Twiliner, so wie ich das sehe, noch nicht nach Deutschland fahren. Ich frage mich auch, ob es für diese Strecke einen Nachtreisebus mit Liegesitzen braucht. Vom Flughafen Stuttgart zum Flughafen Hamburg fährst Du wohl am besten per Bahn oder in einer Kombination aus Flixbus und Bahn. Oder auch per Flugzeug, wobei ich auf meinem Reiseblog im Allgemeinen erdgebundene Reisen bevorzuge. Hilft Dir das so? Gruss, -andreas aka der Internaut-

          Antworten

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