Homeoffice – Einsiedelei. Grossraumbüro – kein Quell der Kreativität. Grosse Meetings – aktuell weniger angesagt. Aber wo sollen Teams denn Ideen gebären? Annina Coradi propagiert mit ihrem Startup Office Caravan die Business-Safari.
Als Annina Coradi ihr Startup Office Caravan ins Leben rief, war Corona schon ganz nah. Aber noch nicht auf dem Radar der Menschen.
Doch schon Anfang 2020 ahnte die Gründerin der Zürcher Innovationsagentur Spaceinnovators, dass im Arbeitsleben mehr drin stecken muss, als sich bloss von Sitzung zu Sitzung zu hangeln.
Office Caravan: Brainstorming im Business Bus
Was Coradi aus ihrem Netzwerk immer wieder zugetragen wurde: Es müsste doch möglich sein, im Sinne der New-Work-Bewegung die Natur in den geschäftlichen Workflow einzubeziehen.
Und damit den kreativen Fluss der Ideen nachhaltig zu beflügeln.
Was Coradi, die auch das Projekt InnHub La Punt, ein Innovations- und Begegnungszentrum im Dorf La Punt Chamues-ch im Engadin leitet, vorschwebte: Workshops in die Natur hinaus zu verlagern. Und dabei einem Bus als Ideen-Vehikel einzubauen.
Ein kreativer Workspace auf Rädern. Oder, wie es Annina Coradi zu ihrem Jungunternehmen sagt: «Office Caravan bringt Vanlife und Geschäftsreise zusammen.»
Nach einer ihrer Skizzen erstellte ein niederländisches Unternehmen einen Caravan so im Rohbau, dass ihn Annina Coradi zusammen mit Freunden im ersten Lockdown ausbauen konnte.
Während im Basismodell des Vanlife meist zwei Menschen im Bus unterwegs sind, eventuell noch begleitet von einem Instagram-tauglichen Hund, bietet Corradis Business Bus deutlich mehr Platz.
Platz für ein ganzes Team im Bus
Bis zu zwölf Brainstomerinnen können sich treffen im Business-Bus. Und natürlich auch Brainstormer. Ein solches Team kann sich im Workshop-Raum auf Rädern, voll ausgestattet mit WLAN, Meeting-Infrastruktur und stetigem Kaffee-Flow, auf mehrtägige Business-Safari begeben. Gern raus ins Grüne, an Standorten im Freien der eigenen Wahl, beispielsweise im Wald.
Die Natur, sagt Coradi, «ist mehr als nur eine Postkarte aus den Ferien.» Wie sich das Unternehmen weiter entwickelt, ist dabei aktuell noch sehr offen: «Wir sind in der Prototyping-Phase», sagt Coradi, «der Markt ist so neu und schwach besetzt, dass man unser Startup durchaus als Experiment sehen kann.»
Oder kurz: Travel und Tourismus treffen auf Business; new Work in Progress.
Welches Problem löst Dein Startup?
Wir bringen Berufsleute aus dem Homeoffice raus, wo sie in letzter Zeit regelrecht versauerten. Mit unserem Bus können bis zu zwölf Personen auf mehrtägige Business-Safari durch die Schweiz gehen oder sich auch nur für einen Tag irgendwo draussen an einem schönen Platz treffen. Indem man sich in der Natur für Sitzungen, Workshops oder strategische Meetings trifft, lernt man sich von einer anderen Seite kennen. In diesem neuartigen Kontext kommt eine ganz andere Qualität ins Meeting rein.
Und wie tut Dein Jungunternehmen dies?
Indem wir drei Bausteine zusammenfügen, die für ein neuartiges Zusammenarbeiten führen. Erstens den Caravan, also die rollende Infrastruktur. Dazu kommt ein traumhaft schöner Abstellplatz. Und drittens – falls gewünscht – eine Moderatorin oder ein Moderator für das Meeting.
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Der Internaut hat ein Herz für touristische Startups. Als kritischer Sympathisant der Wirtschaft spricht er mit Gründerinnen und Gründern, die in der Reisewelt einen Unterschied machen wollen.
Alle Startups entdeckenWie kam es zum Firmennamen?
Da gab es ehrlich gesagt nicht viel zu überlegen. «Office Caravan» war der Projektname – und dabei ist es dann gleich auch geblieben.
Wie verdient Dein Startup Geld?
Durch die Reservationen unserer Kundinnen und Kunden. Das Erlebnis Office Caravan ist in mehreren Packages buchbar. Es beginnt bei einem Tag, der inklusive Material, Reinigung und Kaffee 1 500 Franken kostet. Für eine mehrtägige Business-Safari kann man entweder zusätzlich einen Fahrer buchen oder das Steuer firmenintern bedienen lassen. Am üblichsten ist hier das fünftägige Business-Vanlife, das um 5 500 Franken kostet.
Wer ist Eure Zielgruppe?
In der Regel sind es mittelgrosse bis grosse Firmen, die als Kunden in Frage kommen. Daneben auch Innovations-Coaches oder Coworking-Spaces, die das Element New Work auch einmal nach draussen bringen wollen.
Welches ist Eure grösste Herausforderung?
Mit unserem Angebot lösen wir vielerorts Begeisterung und sofortige Sympathie aus. Die Challenge ist es dann, daraus auch buchende Kunden zu generieren. Ebenfalls eine gewisse Herausforderung ist das mangelnde Element der Skalierbarkeit und die zeitliche Dimension in diesem Geschäft. Die Saison dauert von März/April bis Oktober. Im Winter steht der Caravan in einer Industriehalle und wird dort als reguläres Büro genutzt.
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Zur AnmeldungWelches sind die nächsten Meilensteine?
Eigentlich ist die ganze Saison 2021 ein einziger Meilenstein. Vor allem deshalb, weil es unser erstes volles Betriebsjahr ist. Ein nächster Meilenstein ist es natürlich, unser Produkt bekannter zu machen. Ein Angebot wie Office Caravan verkauft man vor allem über Begeisterung.
Welches war der bisher grösste Flop? Und was hast Du daraus gelernt?
Einen ausgewachsenen Flop habe ich bisher nicht erlebt. Learnings gibt es aber schon einige. Natürlich ist das Thema Logistik bezüglich Arbeitsintensität zunächst einmal ein Schock. Es ist sehr aufwendig, Orte und Stellplätze zu finden, die zu unserem Konzept passen. Und natürlich ist es auch sehr arbeitsintensiv, sich selber auch ins Operative einzuschalten. Aber nur wenn ich selber möglichst oft als Fahrerin oder als Moderatorin mit auf Tour gehe, lerne ich unsere Kunden und ihre Wünsche am besten kennen.
Wie gross soll Dein Startup in drei Jahren sein?
Das wird sich in den Grundzügen in diesem Jahr entscheiden. Wenn wir gut unterwegs sind, werden wir wohl externe Investorinnen und Investoren suchen, damit wir wachsen können. Aber grundsätzlich ist auf dieser Reise aktuell noch alles offen.
Wo steht Dein Jungunternehmen in zehn Jahren?
Das ist natürlich noch viel offener. Unser Startup hat viel mit Abenteuer zu tun. Für unsere Kunden, aber auch für uns selber. Wenn ich wünschen könnte, würde ich sagen: Es wäre natürlich schon sehr cool, wenn wir unser Konzept auch international umsetzen könnten.
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