Wie erfindet man Reise Zubehör? Peter Meyer, Gründer des Outdoor-Zubehörstellers Swiss Advance, weiss es. Und erzählt, wie er Schlafsack und Hängematte kreuzen möchte.
Peter Meyer ist Gründer, Besitzer und Mentor der Marke Swiss Advance, welche nachhaltige Produkte für jedes Naturerlebnis herstellt.
Das Schweizer Unternehmen lanciert seit dem Jahr 2000 immer wieder neues Zubehör für Menschen, die auf ihren Reisen outdoor auf multifunktionale Geräte mit geringem Gewicht angewiesen sind. Beim Picknick, beim Wandern oder immer dort draussen in der Natur, wo leichte und leistungsfähige Accessoires einen Unterschied machen.
Aus der Ideenküche von Swiss Advance stammt auch eines der sieben Produkte, die der Internaut immer dabei hat auf seinen Reisen: Die Grillgabel «Doro», im Internaut-Speak schlicht «Griller Application» genannt.
Ein Evergreen in meiner Ausrüstung, outdoor und auch für zu Hause. Weil die Gabel für den Grill ebenso einfach wie praktisch ist.
Swiss Advance: Ein Chef in der Luft und am Boden
Peter Meyer ist begeisterter Gleitschirmpilot, Apnoetaucher und Steinzeitforscher.
Vor zwei Jahren übergab er die operative Leitung von Swiss Advance dem ehemaligen Mammut-Manager Urs Egli. Bedingt durch den Abgang von Egli hat Meyer Ende Februar 2020 die Leitung des Unternehmens selber übernommen.
Als Gründer, Inhaber und wacher Geist ist und bleibt Meyer aber eine zentrale und treibende Kraft für Swiss Advance. Momentan baut Peter Meyer die Stiftung Green Advance auf, bei der es um Biodiversität geht.
Hier sprechen wir mit dem Gründer über das Outdoor-Leben, über praktische Camping und Picknickutensilien, über alte Beststeller und neue Pläne.
Herr Meyer, lassen Sie uns über Reise-Gadgets sprechen.
Sprechen können wir sehr gerne, aber das Wort «Gadget» mag ich gar nicht.
Warum nicht?
Weil es in meiner Wahrnehmung billig und wertlos klingt und nicht zu Swiss Made und meiner Philosophie passt.
Passt Ihnen Reisezubehör besser?
Meinetwegen. Aber eigentlich geht es uns um etwas anderes. Wir wollen die Menschen wieder vermehrt nach draussen in die Natur bringen und somit der Entfremdung zur Natur Einhalt gewähren. Unterwegs in der Natur ermöglicht minimales Gepäck mehr Bewegungsfreiheit und Gedankenfreiheit. Bei uns geht es um nachhaltige Camping- und Picknickutensilien.
Was macht ein ideales Outdoor Produkt aus?
Es sind Dinge, welche das Draussensein auf minimalistische und unkonventionelle Art und Weise vereinfachen und das Erlebnis erweitern. Ein Produkt muss nachhaltig produziert, möglichst leicht und multifunktional sein.
Welches sind die Best- und Longseller aus Ihrem Portfolio?
Am längsten und am besten verkauften wir den «Arcto» Reise Gewürzstreuer. Der minimalistische Streuer mit Salz und Pfeffer für unterwegs war das erste Produkt, mit dem wir im Jahr 2000 gestartet waren. In den besten Zeiten verkauften wir Zehntausende davon pro Jahr. Doch als sich das Verhältnis zwischen dem Schweizer Franken und dem Euro verschlechterte, gingen die Verkaufszahlen dramatisch zurück.
Ein Schock für Sie?
Ja, massiv – aber ein heilsamer Schock. Die Eurokrise war ein Weckruf, sich nicht auf Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen, sondern verstärkt auf Innovation zu setzen. Fast zehn Jahre lang hatten wir quasi nur von einem Produkt gelebt. Nun waren wir gezwungen, das Sortiment auszubauen und neue Vertriebswege zu suchen.
Welches ist der aktuelle Bestseller?
Das «Crono N5 Leather»; eine Weiterentwicklung des Sackmessers im Lederetui, welches unglaublich leicht ist und dennoch eine Vielzahl an Funktionen bietet. Die Bestseller variieren jedoch je nach Land. Wir exportieren im Moment etwa 35 Prozent unserer vorwiegend in der Schweiz hergestellten Produkte. In Südkorea etwa kommt das Reisebesteck der Hippus-Reihe am besten an, in den USA punkten das Crono-Sackmesser und der Arcto-Reise-Gewürzstreuer am stärksten. In Deutschland und der Schweiz wiederum läuft die Outdoor-Grillgabel Doro am besten.
Arcto, Crono, Saiga, Hippus – Swiss Advance pflegt ein eigenartiges Naming. Wo kommen all diese Begriffe her?
Es sind die Namen von prähistorischen, ausgestorbenen Tieren. Wir wollen damit zur Reflexion über menschliches Verhalten anregen und uns gemeinsam weiter entwickeln weg vom rücksichtlosen kurzfristigen denkenden Raubtier, das sich Mensch nennt.
Wie kommen Sie auf die Ideen für neue Produkte?
Auf Ideen komme ich, indem ich „schlecht“ ausgerüstet in die Natur gehe. So merke ich am besten, was mir wirklich fehlt. Der Prozess läuft organisch: Ein Teilerfolg hier, ein Teilerfolg dort – so setzt sich langsam ein Bild zusammen und die Produkte reifen kontinuierlich.
Stellen sich stets genügend Teilerfolge für neue Produkte ein?
Uns gehen die Ideen nie aus. Im Moment müssen wir gar unzählige Ideen zurückstellen, da wir uns auf Vermarktung der bereits umgesetzten Ideen konzentrieren müssen. Wie es so oft heisst: «Tue Gutes und sprich darüber». Darin sind wir noch nicht gut, alles braucht so viel Zeit.
Aktuell hat Ihr Unternehmen 41 verschiedene Produkte im Angebot. Wie oft kommt neues Outdoor Zubehör hinzu?
Im Schnitt sind es zwei bis drei pro Jahr. Wir setzten uns dabei jedoch bewusst nicht unter Druck, nach Vorgabe zu innovieren. Qualität der Innovation ist der Schlüssel. Etwas Neues kommt dann, wenn es gereift ist, wie in der Natur. Aktuell haben wir mehr als zehn neue Produkte in der Pipeline.
Was kommt da auf die Welt zu?
Da möchte ich nicht allzu spezifisch werden. Die Konkurrenz liest mit. Aber über ein Lieblings-Projekt kann ich sprechen.
Bitte sehr.
Eine Idee, die sich schon lange in meinem Kopf festgesetzt hat, kommt der Realisierung näher. Dabei spielen Multifunktionalität und Minimalisierung die wirklich entscheidende Rolle. Es geht um eine Picknickdecke, die gleichzeitig auch als Zelt und als Hängematte dient.
Wie soll das genau gehen?
Warten Sie es ab. Auf jeden Fall wird das Teil nicht besonders gross sein. Im zusammengeklappten Zustand vielleicht etwa so voluminös wie ein kleiner Sommer-Schlafsack. Alle Näharbeiten werden in der Schweiz erledigt, was natürlich sehr unüblich für die Branche ist. Ich denke, dass das finale Produkt einen Preis von rund 200 Franken haben wird.
«Derzeit versuchen wir, die Emaille-Herstellung wieder zurück in die Schweiz zu bringen.»
Wie wichtig ist Ihnen Swiss Made?.
Sehr wichtig. Einfach ist es nicht, Produkte in der Schweiz herzustellen, weil einige Firmen und Verfahren im Zuge der Globalisierung für alle Zeiten in Billiglohnländer abgewandert sind. Damit wird der Konsument dazu erzogen, möglichst billig zu konsumieren ohne auf die Natur und den eigenen Werkzplatz zu schauen. Aber manchmal kann man eine Technologie auch zurückholen.
Woran denken Sie da aktuell?
Derzeit versuchen wir, die Emaille-Herstellung wieder zurück in die Schweiz zu bringen. Mal schauen, ob uns das gelingen wird, daran sind wir schon zwei Jahre.
«Eine Kultur, die keine Fehler erlaubt, ist ein Desaster für ein innovatives Umfeld.»
Kam es seit der Gründung von Swiss Advance auch zu Flops?
Was auf den Markt kommt, läuft in aller Regel, je nach Land. Einmal vermarkteten wir eine Aluflasche eines deutschen Herstellers. Leider färbte der Lack der Flasche auf die Lippen ab. Ein kompletter Flop, bei dem wir sehr viel Geld verloren haben. Weil wir wenig Marge haben, schmerzt so etwas sehr.
Gab es auch schon Ideen, die sich nicht umsetzen liessen?
Selten. Aber es gab den Fall einer multifunktionalen Trinkflasche, für die uns leider das Kapital für die Realisierung fehlt.
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Zur AnmeldungWas genau ist dabei das Multifunktionale dieser Flasche?
Das möchte ich hier nicht verraten.
Wenn sich jetzt ein Kapitalgeber melden sollte: Würde eine halbe Million Euro reichen für das Projekt?
Lieber eine ganze Million. Was ich zum Thema Fehler und Flops unbedingt noch loswerden muss: Flops und Fehler sollen unbedingt erlaubt sein. Weil sie helfen, kreativ zu bleiben. Eine Kultur, die keine Fehler erlaubt, ist ein Desaster für ein innovatives Umfeld.
Spannendes Interview! Danke.
Merci fürs Feedback!