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Home 9 Reise-Startups 9 Simpletrain macht internationale Bahnreisen easy

Simpletrain macht internationale Bahnreisen easy

Datum

1. April 2021

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Home 9 Reise-Startups 9 Simpletrain macht internationale Bahnreisen easy

Das Schweizer Startup SimpleTrain will internationale Zugbuchungen vereinfachen. Bahntickets reservieren soll so easy wie beim Flugzeug werden.

Wird Corona unser Reiseverhalten in Europa verändern? Mehr internationale Bahnreisen, tagsüber und per Nachtzug, weniger City-Trips mit dem Billigflieger, mehr nachhaltige Mobilität per Zug?

Wünschenswert wäre es. Auch für das Klima Aber es gibt da ein Problem: Länderübergreifende Bahnreisen und Zugfahrten einfach zu buchen und dabei auch den passenden oder besten Preis zu finden, ist immer noch eine ziemlich knifflige Sache.

Wenn man dazu noch ein Velo oder einen Hund mitnehmen oder eine ungewöhnliche Route wählen möchte, wird es sogar sehr knifflig, solche Zugreisen vor dem Verreisen online zu vergleichen und zu reservieren. Etwas, das in der Airline-Welt längst alltäglich ist.

SimpleTrain: Plattform mit Buchungsdienst für Europa-Bahnreisen

Auf der Seite der – meist staatlich organisierten – Bahnen ist das Problem erkannt. Was aber noch lange nicht heisst, dass es auch gelöst ist: «Das Buchungssystem ist im internationalen Verkehr unsere Achillesferse», musste Vincent Ducrot, Chef der SBB, jüngst in der «Schweiz am Wochenende» zugeben.

In der «NZZ am Sonntag» forderte Michael Peter, Chef des Zugherstellers Siemens Mobility dass die Politik hier endlich vorwärts machen müsse: «Sie muss auch dafür sorgen, dass die Eisenbahn-Unternehmen beim Ticketverkauf besser zusammenarbeiten.»

SimpleTrain: Schweizer Startup will internationale Zugbuchungen vereinfachen
SimpleTrain bringt mehr Zug ins Thema Mobilität, Klima und internationale Bahnreisen. (Bild: Pixabay)

Bis es wirklich soweit ist, dass die europäischen Nationalbahnen so länderübergreifend und nahtlos zusammenarbeiten, dass daraus eine smarte Buchungs-Plattform mit leicht reservierbaren Zugtickets entsteht, dürfte es noch eine ganze Weile dauern.

Die Buchung einer Zugreise, international und länderübergreifend einfach gemacht – das ist eine echte Marktlücke. Wenn das auch für Gruppenreisen möglich wäre – umso besser.

Hier kommt SimpleTrain ins Spiel. Das Zürcher Mobilitäts-Start-up, gegründet anfangs Januar 2019 setzt eine Plattform mit Buchungsdienst auf. Darauf sollen Reisende unkompliziert Bahnbillette für günstige, schnelle oder auch mal szenisch lohnenswerte Zugreisen in alle Länder Europas bestellen und kaufen können.

SimpleTrain, Zugreisen-Startup aus der Schweiz im Interview, Reiseblog der Internaut.
Simpletrain will Trendsetter sein. Und seine Kundinnen und Kunden zu «Trainsettern» machen. (Bild: Internaut)

Co-Gründer und Co-Geschäftsleiter von SimpleTrain ist Marius Portmann. Der 22-jährige Student der Soziologie und der Umweltwissenschaften und sein insgesamt fünfköpfiges Team werden auf ihrem Startup-Trip von prominenter Seite begleitet.

Der Migros-Pionierfonds (vormals Förderfonds Engagement Migros) ermöglicht das Schweizer Bahn-Pionierprojekt, das eine Mission hat, wie Portmann sagt: «Den Leuten aufzeigen, dass nachhaltiges und umweltbewusstes Reisen in Europa einfach und angenehm sein kann. Und gar nicht teuer.»

Simple Train Startup für Bahnreisen aus Zürich, Schweiz.
Bereit, etwas fürs Klima zu bewegen: Das Team von SimpleTrain am Hauptbahnhof Zürich. Rotbejackt: Marius Portmann. (Bild: zvg)

Dass Portmann im Startup Unternehmen als «Bahngenie» gilt, ist erblich vorbelastet: «Schon mit meinen Eltern bin ich viel per Zug herumgereist in Europa», erzählt der junge Bahn-Enthusiast, «und von dort aus habe ich mich zum Tarif-Tüftler weiter entwickelt.»

Zu tüfteln gebe es bezüglich Zugreisen einiges in Europa, sagt Portmann – und nennt ein kleines Beispiel: «Wenn man per Bahn von Basel nach Leipzig reist, kann man natürlich ein Billet von Basel nach Leipzig buchen. Oft kommt es aber günstiger, wenn man ein Ticket in die tschechische Grenzstadt Děčín löst – aber schon in Leipzig aussteigt.»

Budapest nach Brasov, interessante. Bahnsrecke mit dem IC Corona
Eine der Lieblingsstrecken von Train-Brain Portmann: Von Budapest nach Brasov. (Quelle: Google Maps)

Dass das Schweizer Train-Brain ein Osteuropa-Beispiel nennt, ist kein Zufall. Schienengebunden ist Portmann am liebsten weit hinter Wien unterwegs, etwa auf Zugreisen im IC Corona (!), von Budapest ins rumänische Brașov.

«Was mich begeistert», schwärmt Portmann, «ist nur schon die  Möglichkeit, den Kopf aus dem Fenster zu strecken, ein frisches Goulasch im Speisewagen zu essen zu können und in allgemein gemächlichem Tempo unterwegs zu sein, besonders in Rumänien. Wie sich Landschaft und Leute langsam verändern, vom westlichen Budapest ins wilde Transsilvanien, wirkt alles irgendwie aus der Zeit gefallen und trotzdem funktioniert es.»

Okay, das war der bahnromantische Teil. Gehen wir jetzt ins Geschäftsleben rein, ins Interview mit dem Gründer von Simpletrain.

Marius Portmann, Co-Gründer Schweizer Bahn Startup Simpletrain
Marius Portmann, Co-Gründer Startup SimpleTrain. (Bild: Internaut)

Welches Problem löst Dein Startup?

SimpleTrain vereinfacht das Buchungsprozedere für günstiges Bahnreisen in Europa – und damit das Auffinden von günstigen und angenehmen Zugverbindungen. Dies nicht nur für Einzelpersonen und Paare, sondern auch für Gruppen und auch für Passagiere, die Fahrräder auf ihre Reise mitnehmen wollen.

Und wie tut SimpleTrain dies?

Indem wir den Kunden die mühsame Sucherei abnehmen und ihnen helfen, Geld zu sparen. Als eigentliches Zug-Reisebüro ermöglichen wir nicht Instant-Buchungen, sondern suchen selber händisch nach der besten und günstigsten Verbindung und kommunizieren diese per Chat-Funktion auf der Website. Dadurch, dass SimpleTrain nicht in irgendwelche Systeme eingebunden sind, können wir grundsätzlich jede Bahngesellschaft anbieten. Wir haben das Bahn-Wissen – und machen es der breiten Bevölkerung zugänglich.

«Allfällige Parallelen bei unserem Namen zu einer orangen Fluggesellschaft sind nicht nur zufällig.»

Marius Portmann, Co-Gründer Zugreisen Startup SimpleTrain.

Wie kam es zum Namen SimpleTrain?

Ganz einfach: Ich studierte ein paar Minütchen, mir fiel der Name ein – und ich fand ihn passend. Allfällige Parallelen zu einer orangen Fluggesellschaft sind nicht nur zufällig.

Wie verdient Dein Startup Geld?

SimpleTrain lebt von einer Kommission oder Beratungsgebühr pro Dossier, die je nach Strecke und Anzahl Passagiere variiert. Im allergünstigsten Falle beträgt unser Aufschlag zehn Franken, bei einer Reise für beispielsweise vier Personen ex Schweiz nach Bordeaux sind es 65 Franken pro Dossier.

Milano Centrale, Reiseblog Internaut.
Abreise und Ankunft mitten in der Stadt: Reisen per Bahn ist in Europa oftmals schneller als per Flugzeug. (Bild: Internaut)

Wer ist die Zielgruppe von SimpleTrain?

Grundsätzlich wohl eher jüngere Leute zwischen 20 und 40. Plus Kunden mit komplexeren Routings und Ansprüchen wie etwa Velo-Transport und dann auch ganze Gruppen.

Welches ist Eure grösste Herausforderung?

Natürlich spielt Corona eine Rolle. Wir sind im April 2019 sanft gestartet und kamen damals auf 20 bis 30 Buchungen pro Monat. Im Februar 2020 waren wir dann schon bei 50 Buchungen – und danach begann die Zeit mit 50 Stornierungen pro Monat. Wenn sich die Pandemie-Lage stabilisiert, sehe ich aber auch eine Herausforderung im dann einsetzenden Reise-Nachholbedarf der Kunden: Weil das Volumen und dessen Bewältigung sehr schwer einzuschätzen ist. Bisher konnten wir jeweils am Folgetag nach der Anfrage eine Lösung präsentieren. Können wir das auch, wenn plötzlich sehr viel mehr Anfragen reinkommen? Wir werden es sehen.

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Der Internaut hat ein Herz für touristische Startups. Als kritischer Sympathisant der Wirtschaft spricht er mit Gründerinnen und Gründern, die in der Reisewelt einen Unterschied machen wollen.

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Welches sind die nächsten Meilensteine?

Bisher war SimpleTrain hauptsächlich via Facebook, Instagram und Mail-Chat aktiv. Da ist es ein Meilenstein, wenn unsere Webseite in der ersten Aprilwoche 2021 online gehen wird.

Welches war der bisher grösste Flop? Und was hast Du daraus gelernt?

Von einem einzigen singulären Flop möchte ich nicht sprechen. Aber in den Anfangszeiten war es schon hart, wenn ich mit eigenem Geld ein Ticket für einen Kunden gekauft hatte – und dann erkennen musste, dass es das falsche Billett war.

«2500 bis 3500 Buchungen jährlich sollten in drei Jahren möglich sein.»

Marius Portmann, Co-Gründer Zugreisen Startup SimpleTrain

Wie gross soll Dein Startup in drei Jahren sein?

Schön wäre es, wenn es bis dann in der breiten Bevölkerung zur Normalität gehören würde, für innereuropäische Reisen die Bahn zu benutzen. Und dass die Leute wüssten, dass man für komplizierte Billette auf die Dienste von SimpleTrain zurückgreifen kann. Wenn es uns dann auch gelingt, über gute Suchmaschinenarbeit im Internet gefunden zu werden, sollten 2500 bis 3500 Buchungen jährlich möglich sein. Selbst wenn wir diesen Dienst auch dann immer noch händisch erbringen und somit nicht im Sinne eines Travel-Tech skalieren können.

Wo steht Simple Train in zehn Jahren?

Das kann ich beim besten Willen nicht sagen. Schon gar nicht in einer Zeit, da keiner weiss, was im nächsten Monat sein wird.

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News Update: Was bei SimpleTrain seither geschehen ist

Im Juli 2021 meldet das Startup zwei wichtige neue Vertriebspartnerschaften: Schweizerische Bundesbahnen SBB und Deutsche Bahn DB gewähren SimpleTrain Schnittstellen-Zugang.

So kann das Startup Buchungen über seine Webseite effizienter abwickeln.

Per Ende 2021 kann Simpletrain weitere Vertriebspartnerschaften mit europäischen Bahnen melden.

Neu hinzugekommen sind die französische SNCF und die italienische Trenitalia.

Simpletrain in der Startup-Show «Höhle der Löwen Schweiz»

Man mag von TV-Startup-Shows halten was man will – aber auf jeden Fall generieren solche Formate (kostenlose) Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit für Jungunternehmen, die in der Regel nicht über hohe Marketing-Budgets verfügen.

Genau davon kann nun auch Simpletrain profitieren. Das Zürcher Startup wird sich auf dem TV-Sender Oneplus bei Höhle der Löwen Schweiz in der Folge 6 vom 12. Dezember 2023 finanzkräftigen Investorinnen und Investoren präsentieren.

höle der löwen schweiz mit reise startup simpletrain
Höhle der Löwen Schweiz: Wird jemand aus dieser Jury bald zum Trainsetter? (Bild: CH Media)

Ob diese in der Folge dann gleich investieren und somit selber zum Trainsetter mutieren? Ich bleibe dran. Käme Simpletrain zum Handkuss, wäre es jedenfalls nicht das erste Mal, dass ein Jungunternehmen aus der Internaut-Startup-Serie reüssiert.

Schon das Reise-Jungunternehmen Horsedeal24 konnte im Fernsehen Frischgeld einsammeln, ebenfalls bei den Schweizer Löwinnen und Löwen; im betreffenden Fall war es Roland Brack, der beim Unternehmen Horsedeal24 aufsprang.

Kein Investment von den Löwen

Leider hat es nicht geklappt mit einem Investment. 300 000 Franken wünschte sich SimpleTrain für einen Anteil von 10 Prozent – doch daraus wurde nichts.

Bahnfahren statt Fliegen: Dafür hatte die Jury zwar Sympathie, und Roland Brack hielt das sogar für «wahnsinnig wünschenswert». Doch die Einzigartigket des Jungunternehmnens erschloss sich den Löwen nicht. Man sah dort das generelle Problem nicht und gab sich zufrieden mit den Bahn-Apps, die heute schon internationales Buchen von Zugfahrten ermöglichen.

Seitens SimpleTrain hätte es wohl ein bisschen mehr «Hard Selling» gebraucht, um zu reüssieren. Beziehungsweise: Konkretes Aufzeigen des Nutzens, den das Jungunternehmen über die heute gängigen Bahn- und Mobilitäts-Apps hinaus bietet. Und seitens der Jury ein bisschen mehr Interesse dafür.

Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

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Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

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