Sind Barfußschuhe die Alternative zu Trekkingsandalen? Ein Test der Zehenschuhe von Vibram Fivefingers zeigt: Der Handschuh für den Fuss hat viele Vorteile. Und einen grossen Nachteil.
Vor ein paar Wochen habe ich mich an dieser Stelle über meine Hassliebe zu Trekkingsandalen ausgelassen. Seit die Dinger als «ugly sandals» modisch geworden sind, sieht man sie jetzt ja überall. Schlimm.
Die Internaut-Community stieg stark ein auf das Thema. Die Reaktion, die mich am häufigsten erreichte: Wenn Du Trekkingsandalen schon so schrecklich findest – gibt es denn irgend eine Alternative dazu?
Vibram Fivefingers Barfussschuhe im Test
Also machte ich mich auf die Suche. Und stiess auf Vibram Fivefingers Barfussschuhe. Das sind sehr spezielle Fusshüllen, die auf jedem Terrain – trocken oder nass – guten Halt, Schutz und Barfussgefühl versprechen.
Beim Outdoor-Händler meines Vertrauens liess ich mich davon überzeugen: Wenn mich Trekking-Sandalen zu sehr nerven, könnten solche Zehenschuhe ein Ersatz sein.
Dass Schuhe den Beinamen «Fivefingers» tragen, mag zunächst etwas erstaunen. Und man könnte sich fragen: Hat diese Sache nun Hand oder Fuss? Die Wahrheit ist: Sie hat beides.
Wie bei einem Handschuh kommt bei diesen Dinger jede Zehe in ihr eigenes Fach. «Toe pocket» nennt man das beim Hersteller Vibram Fivefingers – und das trifft die Sache ziemlich gut. Wie einfach es ist, jede Zehe in die akkurat richtige Zehentasche zu bringen – dazu weiter unten.
Ich liess mich jedenfalls weder vom ungewöhnlichen Zehenmodus noch vom ungewöhnlichen Aussehen dieser Barfußschuhe abschrecken. Sondern zog sie an. Und zog los. In Handschuhen für Füsse, die sich auf offener Strecke als eine Mischung aus Geländewagen und exotischem Reptil zeigen.
Am Vorderrhein und am Zürichsee war ich ebenso unterwegs in Vibram Fifevingers wie an Sandstränden am Lago Maggiore und Ligurien. Ich trug die Zehenschuhe in der Camping-Dusche, im Fluss und im Meer. Und ich kraxelte allerlei Hänge hoch damit.
Barfusschuhe: Die Stärken
Nach all diesen Test-Kilometern in diesen Wassersportschuhen kann ich sagen: Barfussschuhe von Vibram Fivefingers performen auf jedem Terrain gut. Sie geben – im Vergleich zu Trekkingsandalen – Halt und stützen den Fuss. Die pneuartige, vier Millimeter starke Gummisohle bewährt sich auf jedem Untergrund. Minimalsschuhe, reduced to the Echs. Äh, to the max.
Fussklima: Angenehm. Die zehn Zehen sind in einem Materialmix aus Synthetik und Wolle gut aufgehoben. Mehr noch: Tatsächlich stellt sich Gehen oder Rennen in diesen Zehenschuhen ein Gefühl des Barfusslaufens ein. Und: Anders als bei Trekkingsandalen dringen keine Steinchen oder Sandkörner ein.
Vibram Fivefingers Zehenschuh: Die Schwächen
Leider sind mir auf all meinen Gängen auch einige Schwächen aufgefallen. Das Anziehen dieser Schuhe ist eine mühsame Sache. Weil die Zehen oft nicht das tun, was der Kopf befiehlt. Ständig wollen sich zwei Zehen zusammen in nur einem Zehenfach ballen.
Für mein Befinden ist dies der grösste Nachteil der Vibram Fivefingers Barfußschuhe: Dass es verdammt lange dauert, bis man diese Dinger endlich okay am Fuss angeschnallt hat. Tatsächlich kann es gut und gern fünf bis sieben Minuten in Anspruch nehmen, bis beide Füsse fachgerecht eingekleidet und ready sind.
Kommt dazu: Es dauert relativ lange, bis komplett nasse Vibram Fivefingers wieder trocken sind. In meiner Erfahrung: Einen halben Tag an der prallen Sonne. Und einen ganzen Tag, wenn die Sonne mal grad nicht so prall will.
Wobei der Trocknungsprozess wie die Internautin moniert, von einem doch eher strengen Geschmack begleitet werde. Was ich als Teilzeit-Echsenmän aber jetzt einfach mal ignoriert habe.
Aber da ist natürlich noch etwas anderes: Der Look dieser Wassersportschuhe ist – ähem – schon etwas gewöhnungsbedürftig. Wer Vibram Fivefingers Barfussschuhe etwa zum ersten Date trägt, muss schon ziemlich fest von sich selber überzeugt sein. Was ja immerhin auch eine Ansage ist.
Ich darf hier berichten, dass mir diese Zehenschuhe an allen Orten eher erstaunte Blicke eingetragen haben. Aber eher solche der amüsierten Art. Tomaten oder Eier wurden nicht auf mich (oder schlimmer noch: auf meine teuren Zehenschuhe) geworfen.
Barfußschuhe Vibram Fivefingers: Geeignet für
Du gehst viel und gern ins Gelände, durchwatest dabei auch mal einen Fluss, willst auf Kies, Geröll und Schotterpisten aller Art gut unterwegs sein und brauchst dafür einen Schuh, der sich wie ein Handschuh um Deine Füsse schmiegt?
Wenn das so ist, dann sage ich: Für Dich könnten sich diese Zehenschuhe eignen. Wenn Du Dich zudem nicht gross darum scherst, was andere von Deinen Fusshüllen denken oder sagen – umso besser.
Gendertechnisch würde ich diese Schuhe im Unisex-Bereich ansiedeln. Einfach deswegen, weil Fivefingers an Damen wie Herren gleichermassen merkwürdig aussehen.
Die wenigen anderen Menschen allerdings, die ich in solchen Echsenmanier auf freier Wildbahn gesehen habe, waren allerdings stets der männlichen Variante zuzuordnen. Oder anders gesagt: Eine Frau in Vibram Fivefingers habe ich in der mehrwöchigen Testphase nie gesehen.
Barfußschuhe Vibram: Preis
Meine Barfussschuhe – vollständiger Name: Vibram Fivefingers V-Trek M in Farbe Military – habe ich im Outdoor-Fachgeschäft Transa gekauft. Für 179.90 Franken. Also etwa 165 Euro.
Ein stolzer Preis, fürwahr. Ob und für welchen Outdoor Typus sich das lohnen kann? Darauf gehe ich unten bei der Benotung ein. Heute mal etwas anders als sonst.
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Alle Gadgets entdeckenZehenschuhe: Fazit
Es ist höchst gewöhnungsbedürftig, in solchen Barfußschuhen auf die Piste zu gehen. Aber: Die Piste kann noch so grob, unwirtlich oder nass sein – die Vibram Fivefingers verrichten ihren Dienst tadellos.
Die Minimalschuhe sind auch fürs Thema Running geeignet, als Outdoor-Allzweckwaffe und Ersatz für Laufschuhe.
Taugen diese Zehenschuhe nun als Ersatz für die von mir hassgeliebten (und doch getragenen) Trekkingsandalen? Die Antwort darauf ist für mich ganz klar: Kommt drauf an. Ich werde das in der Bewertung unten gleich auflösen.
Was ich schon mal sagen kann: Auf meinem Wunschzettel für die perfekten Land-und-Wasser-Treter ist immer noch ein Platz frei für nützliche, angenehme und coole Wassersportschuhe.
Fivefingers Vibram Barfussschuhe: Note
Im gutschweizerischen Notensystem, das von 6 (absolute Sonderleistung) bis 1 (kompletter Ausfall) reicht, erhalten die Zehenschuhe von Vibram Fivefingers bei mir erstmals eine gesonderte Bewertung. Was bedeutet: Zwei Bewertungen.
Dies deshalb, weil man wohl zwischen zwei Anwendergruppen unterscheiden muss, um dem exotischen Wesen der Barfußschuhe irgendwie gerecht zu werden.
Für sehr sportliche User, die mit einem solchen Schuh einen oder mehrere Tage auf Kies, über Geröll und im Wasser unterwegs sind und dabei auch mal klettern müssen, ist der Zehenschuh sehr geeignet. Da erteile ich eine Note von 5.25.
Für normale Anwendungen wie etwa den Gang ins Wasser oder einen kurzen Spaziergang würde ich – ich traue es mich fast nicht zu sagen – Trekkingsandalen vorziehen. Weil sie den gleichen Dienst zu einem viel tieferen Preis leisten und einfacher an- und auszuziehen sind. Deswegen fällt hier die Bewertung tiefer aus: 3.5.
Barfußschuhe Vibram Fivefingers: Übrigens
Die Vibram Fivefingers Barfussschuhe haben mir bei der ersten Anprobe etwas gänzlich Neues vermittelt: Dass man für Schuhe auch mal eine Gebrauchsanweisung nötig hat. Genau das wird unter dem Stichwort «V Trek Fitting Tips» mitgeliefert.
Man solle beim Einstieg mit dem grossen Zeh beginnen und sich dann in absteigender Art bis zum kleinsten durcharbeiten.
Weiter liegt dem Schuhkarton ein schriftlicher «Vorschlag für einen Übungsplan für die Umstellung auf Vibram Fivefingers» bei. Darin wird in einem 13-Wochen-Plan erklärt, wie sich Füsse (und Geist) an diese Dinger gewöhnen können.
Besonders gut in der Anleitung gefällt mir ein Satz, der gut passt zu diesen Barfußschuhen. Aber wohl noch besser zur komplexen Beziehung zwischen Schuh und Fuss generell: «Wenn es ums Trainieren geht, denken nur wenige Menschen über ihre wichtigsten Trainingsgeräte nach: ihre Füße. Das muss sich ändern!»
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Zur AnmeldungOutdoor-Enthusiasten sind nie fertig mit ihren Trips wandern ständig weiter. So auch der Internaut auf seiner eternalen Suche nach einem Outdoor-Treter, der im Wasser und am Land performt.
Und erst noch gut aussieht dabei. Das Exemplar Vivobarefoot Bloom kommt diesem Wunsch ziemlich nahe. Hier gehts zum Test.
Es ist leider noch etwas komplizierter. Die Gebrauchsanleitung reicht nicht aus. Zum ersten muss man mal gesagt bekommen, dass Barfussschuhe tragen nicht heisst, dass man da barfuss reingehen würde. Auf keinen Fall. Sonst stinkt’s. Auch für Zehenschuhe gibt es Zehensocken.
Zum Zweiten bin ich erstaunt darüber, dass du sie als „gut stützend“ empfindest – denn der Schuh stützt eigentlich gar nicht. Barfussschuhe basieren auf dem Prinzip, dass ein nicht-gestützter Fuss selber Muskeln entwickelt, um sich zu stützen. Das dauert aber, und zwar ziemlich lange (2, 3 Monate bei häufigem Gebrauch).
Für mich liegt der grösste Nachteil im Aussehen – sie erinnern mich doch sehr stark an unsere genetisch nahen, aber dem Tierreich zugerechneten Verwandten, den Affen. Aus diesem Grund bevorzuge ich Barfussschuhe von anderen Herstellern wie Altra, Merrell oder neuerdings Meindl.
Danke für den fachkundigen Kommentar. Wenn ich sage, dass ich die Fivefingers als «gut stützend» empfinde, entspringt dies vor allem im Vergleich zu den Trekkingsandalen. Hast natürli recht, der Look ist schon sehr speziell. Kommt man in andere Modelle wenigstens besser rein, so rein zehentechnisch?
Ja, denn sie verzichten auf einzelne Zehenboxen und sehen daher ganz normal aus – nur weisen die Schuhe keinen Absatz auf.
Dankeschön Edwin! Lang lebe der Schuh ohne Toe-Pocket, äh, Zehenbox!
Die Schuhe sind fantastisch und in 30 Sekunden sind die Schuhe angezogen, es gibt einfache Tricks.
Gesund laufen und design passen selten zusammen
Hallo und vielen Dank für den Input. Könnten der Internaut und seine Community drei gute Tipps erfahren bezüglich «schnelles Anziehen»? Gruss, -andreas aka der Internaut-