Das Reiseschuh-Genre der Trekkingsandalen ist umstritten. Hässlich und hochnotpeinlich sagen die einen, praktisch und bequem die anderen. Ich sage: Wir müssen über Contra und Pro reden.
Das Grauen kommt mit vielen Namen. Trekkingsandalen oder Outdoorsandalen werden die Freizeitschuhe, um die es heute gehen soll, meist genannt. Daneben sind die klobigen Dinger auch als Wandersandalen oder Riemensandaletten berüchtigt.
Ferner arbeiten zeitgenössische Fussbekleidungsforscher mit Gattungsbegriffen wie Klettsandalen, Klettverschlusssandalen oder – in dynamischem Englisch – Active Sandals oder Water Sandals. Von mir aus könnte man es sehr viel kürzer so sagen: Hässliches Schuhwerk.

Es ist etwa 30 Jahre her, seit ich erstmals den Klettverschluss dieses Schuhtyps einrasten liess. Es geschah auf einer Wildwasser-Tour in den USA. «Da, nimm diese River-Rafting-Shoes», sagte mir der Tourguide. Und warf mir zwei Stück Kunststoff mit hawaiianisch anmutenden Kontrast-Ziernähten zu.
Tatsächlich leisteten die Dinger – wir werden das weiter unten noch vertiefen – in einer Umgebung aus Wasser, Stein und Glitschboot einen gewissen Dienst.
Trekkingsandalen in der Zivilisation: schlimm
Was mich aber in den letzten Jahren zusehends verwirrt: Die gemeine Trekkingsandale taucht immer öfter auch ausserhalb der Wildnis auf. In der Zivilisation.
Was einst zur Schuh-Familie der Funktions-Fashion-Footwear gehörte und also dezidiert für den Auftritt im ruralen Bereich gedacht war, drängt plötzlich in den urbanen Raum.

Wie weit es bereits gekommen ist, vermeldete schon im Sommer 2020 der Trend- und Style-Guide «Glamour». Indem man den Dingern einen neuen Namen gibt, werden sie offenbar plötzlich reif fürs gesellschaftliche Parkett.
«Ugly Dad Sandals» nennt man Trekkingsandalen im städtischen Gebrauch nun also. Neben den üblichen Marken wie Teva, Merrell, Keen oder Ecco Offroad machen auch die Modezaren von Balenciaga und Prada mit bei diesem Trend, mit hoch stylishen Track Sandalen, Chunky Sandals oder Thunder Sandals, die so ab 500 Euro zu haben sind.
Weil bald ein neuer Sommer erwartet wird, will ich endlich einmal zur Abrechnung schreiten. Und zwar in diesem Dual-Modus: In einem ersten Teil werde ich Häme giessen über diese schlimmen Dinger.
Und in einem zweiten Teil etwas beichten.
Outdoorsandale besockt: Schrecklicher Modetrend im Sommer
Seien wir doch einmal ehrlich. Von Schuhen kann man bei Outdoorsandalen doch eigentlich gar nicht sprechen. Eher von einer Art Fuss-Panzer. Die Dinger kommen oft infantil gemustert daher, immer klobig, nie anmutig.
Da und dort sind mir im städtischen Raum sogar schon kurzbehoste Damen und Herren begegnet, die ihre Trekkingsandalen in Socken spazieren führen. Ein schlimmer Anblick.

Wer solche Sandalen ohne Not mit Socken kombiniert tut dies, vermute ich, weil er (oder sie) eine Art ironisches Fashion-Statement machen will. So eine Art weissbesockte Adilette im Outdoor-Look. Modisches Ausrüstungs-Equipment der bizarren Art.
Wie ich auf auf den reichweitenstarken Portal von RTL lesen musste, gelten Trekkingsandalen im Sommer 2021 neu als «so hässlich, dass es schon wieder cool ist». Den ersten Teil des Satzes verstehe ich. Den zweiten nicht so ganz, irgendwie.
Trekkingsandalen machen Dich zum ugly Tourist
Welch ambivalente Beziehung ich zur Outdoor-Sandale habe, werde ich weiter unten schildern. Ein besonderes Gefühl jedenfalls begleitet mich immer, wenn ich solche Unisex-Sportschuhe trage.
Das Gefühl, ein ugly Tourist zu sein. Einer, der sich mit merkwürdigen Gerät in ein Gebiet begibt, wo er eigentlich gar nicht hingehört.

Es ist ein Gefühl, wie wenn ich gleichzeitig ein Hawaiihemd mit grob karierter Hose tragen würde, dazu eine Kamera um den Hals baumeln und sich knapp darunter ein vollbepackter Kängurubeutel über einen prallen Bauch spannen würde.
Und dazu ein Schuh, der, wenn er sprechen könnte, sagen täte: Mein Träger arbeitet mit Klettverschluss. Weil er sich nicht mal seine Schuhe binden kann.
Trekkingsandalen nerven beim Tragen immer irgendwie
Was mich an den Dingern ebenso aufregt: Wenn ich dann doch mal welche trage, piekst es immer irgendwo. Weil sich ein Steinchen aufs Fussbett der Sandale eingeschlichten hat. Oder weil dort fiese Sandkörner lagern.
Der Riemen ist entweder zu eng geschnallt, dann schneidet er ins Fleisch. Oder dann ist er zu locker, was sich suboptimal aufs trittfeste Auftreten und den Tragekomfort auswirkt.

Ferner ist es so, dass Sand immer unten an der Sohle kleben bleibt. Und die Dinger kriegen mit den Jahren oft ein fürchterliches Alter. Ausgelatscht, breitgetreten, runtergerockt.
So erhält die Trekkingsandale mit der Zeit einen Abenteuer-Look der abtörnenden Sorte. Ein Stück Ausrüstung, das man lieber nicht trägt. Auch wenn die Farbe der Riemen immer noch dran geblieben ist.
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Zur AnmeldungSpätestens nach diesen drei Giftpfeilen werden sich aufmerksame Leserinnen und Leser fragen: Warum teilt der Internaut so unflätig aus gegen harmlose Outdoorschuhe? Hat er nicht selber schon solche Sandalen als Grundbestandteil für die männliche Packliste in Sachen Vanlife empfohlen?
Tatsächlich, das habe ich getan. In jenem Sommer, als Corona jung und die Begeisterung für Ausfahrten im Campervan gross war.

Was uns zu einer schrecklichen Wahrheit bringt: Selbst wenn ich tagelang ablästern könnte über Trekkingsandalen, besitze ich selber solches Schuhwerk. So in leichter Anleihe ans geflügelte Wort: «Die schärfsten Kritiker der Elche/sind selber welche».
Dann muss ich nun wohl oder übel auch einmal sagen, bei welchen drei (es sind wirklich nicht mehr) Gelegenheiten dieser Fusspanzer eben doch ganz nützlich ist.
Mit der Wander-Sandale über Stock und Stein
Für leichte Wanderungen bringen Outdoor-Sandalen tatsächlich einen gewissen Nutzen. Sie schützen den Fuss, wenn es mal über unwegsames Gelände geht.
Die Trekkingsandale wirkt als Art Mini-Verhüllung der heikelsten Zone. Denn: Ist die Fusssohle erst einmal verletzt, mag keine und keiner mehr lange weitermarschieren.

Gerade für Wanderungen der leichteren Art, also Trekking-Touren der kleineren Art, die sich auch ohne Wanderschuhe bewältigen lassen, eignet sich die stets gut belüftete Outdoor-Sandale.
Wenn dann plötzlich wieder Barfussgehen angesagt ist, hat man sich der Dinger schnell entledigt. Dadurch, dass Trekkingsandalen in aller Regel leicht sind, kann man sie easy im Rucksack versorgen.
Die Trekkingsandale, Held im Wasser
Barfuss am Meeresstrand, am See oder am Fluss ins Wasser rennen: Etwas vom Schöneren, was uns das Leben bietet auf diesem Erdenrund. Aber leider auch mit Gefahr verbunden.
Vielleicht hockt am Flussboden irgendwo ein Getier, das sich gestört fühlt vom Eindringling. Oder spitze Steine lauern unterm Wellenschlag.

Obwohl es sich für mich immer irgendwie falsch anfühlt, mit einem solchem Klotz am Fuss ins Wasser zu preschen, tue ich es doch immer wieder. Aus Vorsicht.
Sicherheit geht vor. Auch wenn sich Trekkingsandalen beim Schwimmen und Tauchen irgendwie falsch anfühlen.
Trekkingsandalen, Retter in der Nasszelle
Kommen wir zum letzten Einsatzgebiet der gemeinen Trekkingsandale. Immerhin ein Ort, wo einem in aller Regel nicht allzu viel andere Menschen sehen: In der Nasszelle.
Gerade wer öfters mal auf Campingplätzen absteigt, weiss, dass Duschen und Toiletten dort nicht in ganz allen Fällen immer hundertprozentig einladend sind für eine barfüssige Begehung.

Aus Sicherheitsgründen betrete ich kaum je eine Campingplatz-Nasszelle ohne Trekkingsandalen. Früher tat ich das mit Flip Flops. Würde ich heute nicht mehr machen.
Die gemeine Zehensandale hat sich in mindestens einem Falle als zu rutschig und instabil erwiesen. Outdoor-Sandalen bieten da dank Profilsohle mehr. Seither weiss ich: Trekkingsandalen sind hässlich. Aber ein Sturz in der Nasszelle ist hässlicher.

Nach dreimal hartem Kontra und dreimal sanftem Pro ist für mich klar: Im klar abgegrenzten Habitat, im Sondersetting des Outdoor-Lebens, liegen Trekkingsandalen drin. Anderswo lieber nicht. Wirklich nicht.
Modischen Rat holt sich der Internaut am liebsten bei der Internautin. Selbst diese seine Herzensdame listet Outdoor-Sandalen in ihrer Campervan-Packliste für Frauen auf grosser Vanlife-Fahrt auf.
Noch mehr Reise-Gadgets
Der Internaut testet regelmässig Reise-Gadgets. Kritisch, unabhängig, glaubwürdig.
Alle Gadgets entdeckenKürzlich hat mir die Internautin erzählt, wie sie sich, nach sehr langem Zaudern und Zögern, ein paar Outdoorsandalen zugelegt hat.
Sie ging zum Outdoor-Händler ihres Vertrauens. Sprach eine Verkäuferin an mit den Worten: «Eigentlich finde ich Trekkingsandalen schrecklich. Aber ich brauche wohl ein Paar. Welche sind am wenigsten schlimm?»

Ich kann diesen Approach sehr gut nachvollziehen. Er zeigt in grossartiger Weise auf, wie nahe Abscheu und Anwendernutzen beim Thema der Trekkingsandale beisammen liegen.
Beim besagten Einkauf ergab sich dann ein Exemplar mit Fusskappe und somit eingebautem Zehenschutz.
Flip Flop und Klotz am Fuss
Wenn aber bei der Internautin Flip Flop und Trekking-Sandale nah beisammen liegen, wird der Fall für mich immer klar sein. Links: eine anmutige Art, den Fuss zu zeigen und zu schützen.
Rechts: Eine zweckmässige Ummantelung, eine Art modisches Fussgefängnis. Ein Klotz am Fuss.

Meine Suche nach wirklich guten Outdoor-Schuhen geht weiter. Gesucht sind Wasserschuhe, die auch an Land nützlich sind und gute Figur machen.
Einen weiteren Test findest Du hier: Vibfram Fivefingers Barfussschuhe getestet und geprüft.
Weil mich auch diese Outdoor-Treter auch nicht hundert pro zufriedengestellt haben, nahm ich einen dritten Anlauf. Und siehe da: Die Wasserschuhe Vivobarefoot Bloom haben mich bisher am meisten überzeugt.
Ok, die Argumente haben etwas für sich. Trotzdem trage ich diese Dinger im Sommer und in warmen Gefilden dauernd, weil ich in geschlossenen Schuhen und mit Socken viel zu stark schwitze. Deshalb bin ich gespannt auf einen Folgebeitrag mit edleren und zweckmässigeren Alternativen.
Merci für diesen Input. Ob es wirklich edlere u n d zweckmässigere Alternativen gibt zur gemeinen Trekkingsandale? Ich will den Markt gerne sondieren, bin aber eher skeptisch.
ECCO hat ansehnliche Trekkingsandalen soweit das möglich ist…
Vielen Dank für den Input. Ich kenne die Marke, auch wenn ich nicht so vertraut bin mit ihr wie Du 🙂 Was ich aktuell sehe, ist mir halt leider auch zu klobig…. Gruss, -andreas aka der Internaut-