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Home 9 Reise-Startups 9 Nomady CEO Oliver Huber: «Für uns ist der ganze Alpenbogen interessant»

Nomady CEO Oliver Huber: «Für uns ist der ganze Alpenbogen interessant»

Datum

3. September 2020

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Home 9 Reise-Startups 9 Nomady CEO Oliver Huber: «Für uns ist der ganze Alpenbogen interessant»

Quasi aus dem Nichts hat sich Nomady in der Tourismus Szene etabliert. Der Online-Marktplatz ermöglicht legales Campieren in der Natur. CEO Oliver Huber denkt das Thema weiter.

Das Touristik-Startup Nomady verbindet Landbesitzer mit naturbegeisterten Campern. Statt auf überfüllten Campingplätzen zu logieren oder in der Wildnis mit geltenden Regeln zu kollidieren, bietet Nomady über seinen Online-Marktplatz seinen Usern legale Stellplätze und somit ein Campingabenteuer fernab vom konventionellen Campingplatz.

Das Soft-Adventure-Angebot des Schweizer Touristik-Neulings aus Einsiedeln im Kanton Schwyz lautet so: Übernachten für Naturliebhaber draussen in der Wildnis – aber auf der sicheren Seite.

Nomady CEO: «Keine Dusche? Spring doch mal in den Fluss!»

In der Regel weisen diese Campier-Plätze einen gewissen Basis-Komfort auf, sie sind meist mit Holztisch und Bänken, Feuerstelle oder Feuerschale, Zugung zu einer Toilette und einem Gewässer in der Nähe ausgestattet. Eine Dusche gehört nicht immer dazu.

Erfrischender Kommentar dazu vom Nomady-CEO: «Keine Dusche? Spring doch mal in den Fluss!» Warum auch nicht? Schliesslich gehört es beim Reisen in die Natur zum Erlebnis, auch mal unter dem üblichen Standard zu bleiben. Oder das Baden in freier Natur zum neuen Standard zu machen.

Nomady bietet eine Plattform fürs Camping in freier Natur.
Nomady vermittelt private Camping-Stellplätze, zum Beispiel am Waldrand. Aber nicht am Rande des Gesetzes. (Bild: zvg)

Huber, ein begeisterter Fliegenfischer, kam mit seinr Plattform Nomady in der Corona-Pandemie mit den Tourismus Phänomenen Vanlife, Campieren und Ferien im Wohnmobil zum genau richtigen Zeitpunkt. Könnte man zumindest meinen.

Der Nomady-CEO sieht das etwas differenzierter. Auf der einen Seite habe der Staycation- und Camping-Trend Nomady tatsächlich geholfen – doch auf der anderen Seite sei es in Zeiten des Lockdowns schwierig bis unmöglich gewesen, im persönlichen Gespräch mit Landbesitzern zu neuen Locations und Stellplätzen zu kommen.

Das Bild als wichtige Botschaft auf dem Marktplatz

Während touristische Marktplätze oft Mühe haben, ihre individuellen Angebote in einer eigenen Bildsprache zu bündeln, hat Nomady einen grossen Vorteil.

Startup-Co-Gründer Paolo de Caro sorgt als Marken- und Visualisierungs-Pro für einen stimmigen Auftritt der Marktplatz-Angebote. Was das Schöne und Romantische solcher Ferien und Reisen emotional gut rüberbringt. Auf der Website können Naturliebhaber ihren Camping-Aufenthalt quasi schon vorab erleben.

Schweizer Reise-Startup Nomady in der Innovations-Serie des Reiseblogs der Internaut.
Nomady wurde 2019 von Oliver Huber, vormaliger Firmenkundenberater bei einer Bank, gegründet. Das Startup, das auf einer Online-Plattform Landbesitzer und naturbegeisterte Camping-Fans vernetzt, beschäftigt vier Personen. 2019 gewann Nomady den mit 15 000 Franken dotierten Schweizer Startup-Preis «Zinno Ideenscheck für die Berggebiete». (Bild: Internaut)

Oliver, welches Problem löst Dein Startup?

Wir packen gleich vier Probleme an. Erstens: Ob und wo man in der Natur wild campen darf, ist aufgrund der Flut an Regulatorien sehr schwierig herauszufinden. Nomady bietet legale Plätze mitten in der Natur an. Zweitens sind reguläre Campingplätze zur Hauptsaison oft voll, ein schönes Outdoor-Erlebnis liegt da für Naturliebhaber fast nicht mehr drin. Wir bieten es, getreu unserem Motto «Camping abseits von Camping erleben». Drittens: Heute noch ist die Welt des Camping sehr schwach digitalisiert. Hier punktet Nomady mit Features wie Live-Verfügbarkeit. Und viertens bringen wir mit unserem Modell Wertschöpfung in abgelegene Gegenden.

Und wie tut Nomady dies?

Indem wir einen Marktplatz etabliert haben. Auf der einen Seite bieten Landbesitzer – oft Bauern, aber auch Gemeinden und andere Gundstückinhaber  – einen Standplatz mitten in der Natur an. Auf der anderen Seite können Camperinnen und Camper einen solchen Platz online buchen. Aktuell sind es 107 solcher Plätze in der Schweiz.

Oliver Huber CEO und Co-Gründer des Schweizer Reise-Startups Nomady im Interview auf dem Reiseblog der Internaut
Nomady CEO Oliver Huber: Ein Startup, das gleich vier Probleme im Tourismus anpackt. (Bild: zvg)

Wie kam es zum Namen Nomady?

Die Idee zu diesem Startup kam mir im Sommer 2018 auf einer Kanu-Expedition in Alaska am Fluss Noatak. Abgeleitet davon stand der Taufname für mich fest: Naotak. Später fanden wir heraus, dass viele Leute keinen Bezug zu diesem Namen hatten. Im Februar 2020 änderten wir den Namen – nach Befragungen im Internet und auch am Hauptbahnhof Zürich – auf Nomady. Mit dem Nomaden-Bezug trifft das den Spirit unserer Kunden recht gut; und der Name funktioniert auch international bestens.

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Der Internaut hat ein Herz für touristische Startups. Als kritischer Sympathisant der Wirtschaft spricht er mit Gründerinnen und Gründern, die in der Reisewelt einen Unterschied machen wollen.

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Wie verdient Dein Startup Geld?

Nomady funktioniert als transaktionsbasierter Marktplatz. Gastgeber können ihr Angebot ohne Listinggebühr annoncieren; Geld verdienen wir erst bei Vermittlung von Übernachtungen, wobei die Gastgeber den Preis selber festlegen. Der Basispreis bewegt sich für zwei Erwachsene meist zwischen 35 und 70 Franken, darin sind auch die Kurtaxen enthalten. Nomady lebt von einer Vermittlungsgebühr, die beispielsweise so aussieht: Eine Übernachtung mit einem Wert von 50 Franken stellen wir dem Gast mit 57.50 Franken in Rechnung; die Gebühr von 7.50 ziehen wir dann beim Gastgeber wieder ab. Somit verbleiben 42.50 Franken beim Gastgeber und 15 Franken bei Nomady; die Kreditkartengebühren sind darin bereits enthalten.

«Die starke Nachfrage mit knappen Ressourcen zu bewältigen, war und ist unsere grosse Herausforderung»

Oliver Huber, CEO Nomday

Wer ist die Zielgruppe von Nomady?

Grundsätzlich bedient der Marktplatz zwei Zielgruppen: Auf der einen Seite Camperinnen und Camper, welche die Natur erleben wollen, auf der anderen Seite die Gastgeber. Auf Camper-Seite sprechen wir ganz generell Naturfreunde an. Oft sind dies Menschen, die im VW-Bus unterwegs sind, wobei die Spannbreite gross ist: Paare zwischen 30 und 40, Familien, aber auch Menschen, die in Richtung Pensionierung gehen. Momentan kommen die Gäste noch zu rund 99 Prozent aus der Schweiz.

Welches ist Eure grösste Herausforderung?

Natürlich ist es sehr cool, wenn man als Startup gleich zu Beginn sehr hohe Nachfrage erzielt. In unserem Fall war es so: Die Anfragen haben uns überrollt. Die Wochenenden im Sommer beispielsweise waren oft komplett ausgebucht Diese starke Nachfrage aber auch mit knappen Ressourcen zu bewältigen, war und ist unsere grosse Herausforderung.

Zelten und Campieren in freier Natur - und das auf der rechtlich sicheren Seite: Das vermittelt der Marktplatz des Schweizer Reise-Startups Nomady
Out in the Wild: Ohne Angst vorm Rechtshüter Natur erleben und das Panorama geniessen. (Bild: zvg)

Welches sind die nächsten Meilensteine?

Jetzt geht es bei uns darum, die Prozesse zu professionalisieren und daneben weiterhin die hohe Qualität unserer Angebote zu gewährleisten. Weil die Camping-Saison in der Schweiz aktuell bloss von Mai bis Oktober dauert, machten wir uns aktuell daran, auch den Winter zu erschliessen. Warum soll Nomady nicht zu einem Marktplatz für Alphütten, umgenutzte Ställe und andere winterfeste Unterkünfte werden?

Das wäre quasi die Winter-Variante unserer Tourismus Mission, Wertschöpfung in abgelegene Gebiete zu bringen. Und dann sind wir daran, unsere erste Finanzierungsrunde zu finalisieren. Wobei natürlich klar ist: Abgeschlossen ist die Runde erst, wenn der Cash auf dem Konto angekommen ist.

«In zehn Jahren haben wir das Nomady-Netzwerk hoffentlich europaweit etabliert.»

Oliver Huber, CEO Nomady

Welches war der bisher grösste Flop? Und was hast Du daraus gelernt?

Etwas richtig fundamental Falsches ist bisher nicht passiert. Wobei wir mit Gründungsjahr 2019 natürlich auch noch nicht viel Zeit hatten, einen richtig grossen Fehler zu machen…. Wichtig ist bei uns natürlich die Qualität der Camps und Objekte. Hierbei können wir uns auf eine zweistufige Qualitätskontrolle verlassen: Zunächst prüfen wir einen Standort selber, danach ist es die Community, die mit ihren Bewertungen für die Qualitätskontrolle sorgt.

Wie gross soll Dein Startup in drei Jahren sein?

Bis in drei Jahren soll Nomady ein komplettes Netzwerk in der Schweiz bieten. Und darüber hinaus ein paar coole Plätze im grenznahen Ausland. Für uns ist grundsätzlich der ganze Alpenbogen interessant, also beispielsweise auch Angebote in Italien oder Slowenien.

Und in zehn Jahren?

Dann haben wir das Nomady-Netzwerk hoffentlich europaweit etabliert.

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News Update: Was seither geschehen ist

Im Februar 2021 ist es bei Nomady zu einer Finanzierungsrunde gekommen. Wie das Portal Startupticker schreibt, wurde das Volumen zwar nicht bekanntgegeben; die Firmenbewertung bewege sich seither aber «deutlich im siebenstelligen Bereich.»

Bereits unter den Investoren waren Roland Brack und Anja Graf, Jury-Mitglieder der Startup-Show «Höhle der Löwen Schweiz.» Wie March24.ch meldet, ist seither auch Silvan Engeler (ebenfalls aus Einsiedeln) investiert, bekannt als Co-Gründer der Messenger App Threema.

Juni 2022: Tochter der Migros beteiligt sich an Nomady

Im Frühsommer 2022 wird bekannt, dass sich die Migros-Tochter Sparrow Ventures an Nomady beteiligt. Es handelt sich dabei um die erste Touristik-Investition von Sparrow Ventures.

Der Einstieg von Sparrow Ventures beim Schweizer Startup Nomady wurde zusammen mit der Hotelplan Group bewerkstelligt, der Touristik-Tochter der Migros.

Nomady Startup erhält im Juni 2022 Frischgeld von der Migros. Bild zeigt Camper im Wald mit einer Kaffeemaschine.
Nomady mit Finanzierungsrunde: Jetzt kann das Startup mehr Gas geben. (Bild: pd)

An der gleichen Finanzierungsrunde ist auch der Touring Club Schweiz TCS beteiligt. Insgesamt fliessen Nomady so zwei Millionen Franken zu.

Das Touristik-Startup Nomady will das Frischgeld in die Themen Vermarktung, Internationalisierung sowie in den technischen Ausbau seiner Plattform stecken.

Januar 2024: Nomady und MyCabin fusionieren

Überraschende Nachricht im noch jungen Jahr 2024: Die Schweizer Camping Plattform Nomady fusioniert mit dem süddeutschen Unternehmen MyCabin.

Die Vision der beiden Plattformen sei es, heisst es in einer Vorankündigung, «echte Naturerlebnisse zugänglich zu machen.» Nomady weist starke Präsenz in der Schweiz und in Italien auf; das Pendant MyCabin in Deutschland und Österreich.

Name Nomady bleibt nach der Fusion

Wie Oliver Huber sagt sollen die beiden Unternehmen nach der Fusion unter dem Namen Nomady weitergeführt werden. Migros und der TCS, die 2022 in die Schweizer Camping-Plattform investiert hatten, blieben weiterhin an Bord.

Zu den Vorteilen der Fusion sagt Huber: «Zusammen bilden wir nun eine Nord-Süd-Achse, die von Deutschland und Österreich über die Schweiz bis nach Italien reicht.»

Nomady Fusion mit My Cabin, Zitate und Pläne Oliver Huber CEO
Oliver Huber, Nomady: «Weitere Länder sind möglich». (zvg)

Ein weiterer geographischer Ausbau sei durchaus ein Thema, werde aber eher mittelfristig geplant: «2024 liegt unser Fokus auf dem Alpenraum; danach sind weitere Länder möglich.» 

Die Kundenbasis dafür dürfte mit der Fusion gelegt sein. Wie die beiden Unternehmen mitteilen, verfüge man nun zusammen über 100 000 Kundenprofile auf der Plattform.

Autor:in

Andreas Güntert

Andreas Güntert

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Seit 1994 erforscht und beschreibt Andreas Güntert hauptberuflich als kritischer Sympathisant der Wirtschaft die Schnittstellen von Konsum, Gesellschaft und Reise-Industrie. Als Reiseblogger der Internaut lotet er das Reise-Internet aus. Der Internaut ist ein Storyteller – unabhängig, munter, pointiert. Und immer seinen Leserinnen und Lesern verpflichtet.

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