Starke Strecke Mailand, Zona Tortona: Ganz in der Nähe des Kanal-Viertels Navigli Milano liegt das Kraftwerk der kreativen Köpfe Mailands. Da lässt man sich doch gerne anstecken.
Navigli Milano, Mailand Navigli – war da nicht schon mal was? Ja, da war was. Als ich die erste Starke Strecke aus Mailand recherchierte, war ich an der Via Vigevano unterwegs, im Navigli-Viertel im Süden von Milano.
Schon damals fiel mir auf, dass es da hinter dem Bahnhof Porta Genova noch was gab: Ein Viertel mit grosser Industrie-Vergangenheit. Und grosser Kreativ-Zukunft: Mailand Navigli Tortona. Da müssen wir jetzt hin.

Früher war die Zona Tortona eine eher unfeine Ecke von Milano. Lange Jahre prägten Schwerindustrie und Fabriken das Viertel hinter der Porta Genova.
Kein Stadtviertel, wo die Milanesi gerne hingingen. Und die Touristen schon gar nicht. Tortona war nicht auf der Karte, zu sehr geprägt von seiner Geschichte.
Mailand Navigli Tortona: Vom Industrie-Areal zur Kreativ-Zone
Als sich die Unternehmen Ende des letzten Jahrhunderts aus der Zona Tortona zurückzogen, wurde das Viertel zum unsicheren Quartier – eine ganze Gegend schien sich selber überlassen.
Und das nicht zu ihrem Vorteil, denn die ganze Zone wurde zum dunklen, gefährlichen Loch.

Ende der 80er Jahre wurde die Zona Tortona von kreativen Köpfen entdeckt. Zuerst etablierte sich das Event-Gebäude Superstudio. Im ehemaligen Lokomotivdepot entstand eine weitverzweigte Location als Standort für Fotostudios, Showrooms und Räumen für Anlässe jeder Art.
Plus, nach und nach und rundherum: Viele Restaurants, Aperitivo-Bars und Straßencafés, kleine Läden und hippe Shops, beliebt bei Einheimischen und Fans von coolem Design.
Zona Tortona: Ansteckender Spirit, geheimnisvolle Hinterhöfe
Viele andere Kreative sind seither nachgezogen, die Mode-Riesen Armani und Zegna haben ihren Hauptsitz in der Zona Tortona. Wer durch die Via Tortona geht, kann links und rechts in Hinterhöfe spähen, wo möglicherweise das Design für das nächste grosse Ding entsteht.
Moda, Design, Architettura – der Spirit ist ansteckend. Wobei nie ganz klar ist, ob die Lokalitäten der hippen und coolen Milanesi öffentlich, halböffentlich oder nur für die Eingeweihten zugänglich sind.

Was ich mit Sicherheit sagen kann: Das Kulturzentrum Base ist offen für Neugierige, die (noch) nicht zur kreativen Crowd der Tortona gehören.
Aber jetzt: Rein in die Zone, die übrigens neben der Via Tortona auch die nicht weniger spannenden Strassen Via Andrea Solari und Via Savona umfasst.
Mailand Navigli: Ein Kaffeehalt an der Via Tortona (indoor)
Gleich am Anfang der Via Tortona befindet sich die von Einheimischen hochgelobte Osteria Del Binari.
Was ich hier dagegen hochloben will: Das Cafè Del Binari gleich daneben.

Hier eine kleine Kaffeepause einzulegen, ist ein Hochgenuss. Im roten Chesterfield-Leder zu sitzen, umgeben von Holz und Marmor, dabei immer wieder neue Details entdecken – wunderbar.
Man kann sich diesen Platz auch als ganz persönlichen Standort vorstellen, wo man sich zunächst einmal alle Pläne fürs ganze Gebiet zurechtlegt.
Noch mehr coole Strassen
Der Internaut ist in Grossstädten unterwegs und findet Strassen, die Spass machen zum Essen, Trinken, Shoppen. Strassen, die nicht globalisiert sind – sondern von lokalen und regionalen Angeboten leben.
Mehr erfahrenNoch ein Kaffeehalt an der Via Tortona (halb indoor)
Manchmal kann Mailand und damit auch das Quartiere Tortona di Milano ganz schön kühl sein, nass und unfreundlich.
Wer trotzdem draussen Kaffee trinken will, wählt da mit Vorteil eine Variante, die halb outdoor und halb indoor spielt.

Nein, das Cafè Sudan ist nicht die hübscheste Koffein-Tankstelle auf unserem Erdenrund. Aber mit dem verglasten Aussenbereich bietet er eine gute Gelegenheit, den Elementen zu trotzen.
Optimale Aussicht auf die Strasse inklusive. Sowie Sitzgelegenheiten, die bezüglich Design einiges hermachen.
Mailand Navigli, Via Tortona: Ein Shop
Gleich gegenüber vom Cafè Del Binari befindet sich die entzückende Bottega Tre.
Ein kleiner Laden für Damenmode, gut bestückt mit Schuhen und textilen Einzelstücken.

Wie sich der Internaut von kundiger Damenseite sagen lässt, ist das, was in der Bottega Tre ausliegt, auf der Höhe der Zeit.
Was man hier nicht kann: Unbemerkt in den Laden eindringen. Worauf man zählen kann: Beratung.
Zona Tortona Milano: Noch ein Laden
Wir hatten es hier schon einmal von Hinterhöfen, die verlocken. Und bei denen nicht ganz klar ist, ob man dort als nicht lokal verankerter Kreativkopf reindarf.
Orissa liegt in einem Hinterhof. Du darfst rein. Für einmal eine Tour hier, die voll legal ist.

Man muss sich zunächst etwas vortasten an der Via Tortona Nummer 36. Muss vielleicht ein paar argewöhnische Blicke aushalten bei Gang durch den Innenhof.
Manchmal muss man eben stark sein an einer Starken Strecke. Das lohnt sich fast immer. Hier lohnt es sich ganz bestimmt.

Orissa ist ein herrliches Stöber-Kabinett, angelegt auf zwei Etagen.
Sagen wir es doch in der Sprache der Hiesigen: «Mobili Coloniali, Etnici Shabby Chic». Lustvolles Shopping durch das Design vergangener Zeiten.
Zona Tortona: Eine Mahlzeit
In der Zona Tortona erging es mir etwa so wie in München, das ja scherzhaft als «nördlicheste Stadt Italiens» bezeichnet wird. (Und Milano als südlichste von Deutschland).
War ich in München am Gärtnerplatz fast etwas überfordert mit der Ballung von Starken Strecken, so musste ich mich auch in der Zona Tortona für eine Strasse entscheiden, was nicht einfach war.
Zur Ehrenrettung der ganzen Zone bewegen wir uns nun also etwas weg von der Via Tortona; diese Mailänder Tour führt hin zur Via Savona.

Das Ristorante Al Fresco ist eine wahre Oase mitten in der Zona Tortona. Innen sehr hübsch und hell eingerichtet, draussen mit einem prächtigen Garten ausgestattet.
Wer hier einen schönen Pasta-Teller oder ein Costoletta di vitello alla Milanese bestellt, macht gar nichts falsch. Das einzige, das man falsch machen kann: Nicht vorher reservieren.
Mailand Navigli Tortona: Ein Mitbringsel
Kommst Du noch einmal kurz mit zu Orissa? Wir haben uns dort für ein Zinnbecher-Duo als Souvenir entschieden.
Ein klangvolles Geschenk, Design inklusive.

Das Zinnbecher-Duo sieht nämlich nicht nur hübsch aus, es ist auch mit einem Ton ausgestattet.
Eine kleine Kugel im doppelten Boden drin gibt jedes Mal laut, wenn man einen Schluck nimmt.
Gebaut für Kinder, aber auch für jene Grossen ganz munter, die das Kind in sich selber drin noch dann und wann spüren. Preis: Pro Becher fünf Euro.
Und noch ein Souvenir aus der Via Tortona
Wer in der Gegend der Kreativköpfe unterwegs ist, wird vielleicht selber mal von einem genialen Geistesblitz durchzuckt.
Den man unbedingt festhalten sollte.

Da empfiehlt es sich natürlich, einen Schreibblock dabei zu haben. Was zu unserem zweiten Mitbringsel führt.
Im Shop des Kulturmuseums Mudec ist uns ein Ananas-besetztes Teil aufgefallen. Mit 12.50 Euro nicht ganz billig. Aber wenn da auch nur ein superguter Einfall notiert wird, ist die Design Kladde ihren Preis bestimmt wert.
Mailand Navigli: Ein Drink an der Via Tortona
Im markanten Kulturzentrum Base an der Via Tortona läuft immer etwas.
Was sowieso immer läuft: Der Zapfhahn.

Am schönsten ist es natürlich im Innenhof, wo allerlei Kreative und Zugereiste Pause machen.
Manchmal auch im Liegestuhl.
Noch ein Drink in der Zona Tortona
Einer, der sich bezüglich Design so richtig austoben konnte an der Via Tortona Mailand, ist der Architekt Matteo Thun.
Sein Werk hier: Das verspielte und recht ausgeflippte Hotel Nhow Milano. Das nur schon aufgrund seiner Architektur als Hotel-Tipp und Unterkunft für die Gegend Navigli/Tortona einiges hermacht.

Eine hübsche Gelegenheit für einen Drink, auch im überdachten Habitat, bietet sich im Hinterhof des Hotels.
Er ist zwar nicht ganz einfach zu finden, aber so sollte es klappen: Auf die Rezeption zusteuern, dann links halten, darauf rechts und dann zur Tür raus.
Ein Instagram-Moment in der Zona Tortona
In der Zona Tortona hat sich entlang der Bahnlinie eine wahre Künstler-Meile etabliert.
Molto instagrammable.

Auf der Mauer, welche die Zone von den Bahngeleisen abgrenzt, verewigen sich lokale und zugereiste Künstler, was eine breite Palette von Insta-Motiven hergibt.
An diesem Standort bleibt man nie lange alleine, viele andere Besucher sind ebenfalls dran, ihr Insta-Design mit Fotos von dieser Stelle zu pimpen.
Mailand Navigli: Sehenswürdigkeiten in Umgebung der Via Tortona
Nun wird hier von Beginn weg von Navigli gesprochen, doch bisher hatte der grosse Kanal von Milano noch gar keinen Auftritt. Shame on me.
Der Kanal ist natürlich eine der Hauptattraktionen in diesem Stadtviertel. Am Abend ist besonders viel los, dann werden die Quais auf beiden Seiten zur Partymeile.

Viel ruhiger und auch malerischer gibt sich der Kanal am frühen Morgen. Im Tortona-Quartier, dem modischen Hotspot der Milanesi, bieten sich einige Gelegenheiten für einen längeren Aufenthalt.
Im Kulturmuseum Museo delle Culture Mudec wird der Bogen gespannt von den alten Meistern bis zu den jungen Wilden. Wechselnde Ausstellungen sorgen für Abwechslung.
Und noch ein Museum: Armani/Silos widmet sich, wie es der Name anklingen lässt, Design, Leben und Wirken des Modeschöpfers Giorgio Armani.
Das Cinema Mexico ist eine Institution in der Zona Tortona. Eine der letzten Kino-Revolverküchen. Und ein Ort, wo immer noch regelmässig dem Rocky Horror-Kult gehuldigt wird.
Boccia ist ein Nationalsport, der in Italien sehr ernst genommen wird. So ernst, dass mitten in der Zona Tortona ein Spielfeld steht.

Es verhält sich hier so wie mit den vielen Hinterhöfen: Ob man dort rein darf, ist ungewiss. Ebenso ungewiss ist, ob Zugereiste mitspielen dürfen beim Boccia.
Kleiner Rat: Zuerst einmal zuschauen. Lange zuschauen. Dann vielleicht fragen. Vielleicht. Und wenn ja: Grazie sagen.
Mailand Navigli: Die Anreise zur Zona Tortona
Zur Zona Tortona gelangt man ab dem Mailänder Bahnhof Milano Centrale mit der Metrolinie 2, Haltestellte Porta Genova. Das war der einfache Teil der Tour.
Der etwas mühsamere Teil der Passage: Von Porta Genova aus muss man sich entlang der Bahnlinie bewegen, vorbei an einer grünen Brücke, die genau zum Ziel führen würde. Aber wohl aus Gründen der Baufälligkeit gesperrt ist.

Stattdessen gehst Du der Via Ventimiglia entlang und machst dort eine scharfe Linkskurve, wo eine Überführung die Geleise quert. Das war jetzt wohl etwas mühsam, aber dafür kommt man durch eine Mailänder Art Triumphbogen in die Zona Tortona hinein.
Das wärs. Wobei ich für dieses Gebiet noch eine Warnung loswerden muss: Wann immer in Milano eine Grossveranstaltung der Creativi läuft, etwa die Designwoche «Fashion Week», dann wird die Zona Tortona sehr belebt, teuer und auch etwas eng.
Manche Menschen lieben das, dann sage ich: Avanti! Allen anderen sage ich: Die Zona Tortona ist wirklich eine Reise wert. Aber eher nicht zu den Zeiten, da sie geflutet wird vom Konvoi der Kreativen aus aller Welt.

Ein Wort noch zu Deiner Anreise, die möglicherweise über den Bahnhof Milano Centrale führen wird.
Eine Bahnstation, die bekannt ist für Gedränge auf den Bahnsteigen, wenig Sitzgelegenheiten, Rush hour beim Umsteigen. Oder kurz: Molto Stress. Mein Rat: Nimm Dir Zeit beim Planen der Reise, rechne genügend Zeit ein fürs Umsteigen.
Und vor allem: Geniesse Deinen Aufenthalt in der Gegend von Milano Centrale mit diesen 7 Tipps.
Starke Strecke, die Stadtstrassen-Serie des Reiseblogs der Internaut
Für die Serie «Starke Strecke» porträtieren der Internaut und seelenverwandte Autorinnen und Autoren städtische Strassen aus aller Welt, die nicht globalisiert sind.
Kein Starbucks, kein Zara, kein Hennes & Mauritz, kein McDonald’s – sondern lokale und regionale Anbieter aus Gastronomie, Hotellerie, Shopping und Kultur.
«Starke Strecke» ehrt Strassen, die Locals und Zugereiste gleichermassen glücklich machen.
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